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Sollten Prüfungen als eigenständige Bestandteile eines Studiums angesehen werden, oder weiterhin als Teile der Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen?
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Veröffentlicht: | 14. September 2022 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Die Gesellschaft für Medizinische Ausbildung und der Medizinische Fakultätentag haben sich mehrfach für eine Verbesserung der Qualität von Prüfungen eingesetzt [1]. Allerdings sind Prüfungen in Deutschland rechtlich ein Teil der Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen. In den Lehrverpflichtungsverordnungen (LVVOs) der Länder kommen sie nicht als eigenständige Teile eines Studiums vor. Diese Regelung blendet Prüfungen auch bei der Bestimmung der Curricularnormwerte aus, weil diese die Summe der Curricularanteile der einzelnen Lehrveranstaltungen sind. Eine solche Betrachtungsweise ist nicht mehr mit den Anforderungen kompatibel, die an Prüfungen gestellt werden. Es stellt sich also die Frage, welche Kriterien Prüfungen erfüllen müssen, um als eigenständige Bestandteile von Studiengängen anerkannt werden zu können?
Methoden: Schon im Rahmen der klassischen Testkriterien variiert der Aufwand für die Entwicklung, Durchführung und Auswertung von Testaufgaben je nach betrachtetem Prüfungsformat erheblich. Angemessen differenzierte, summative Prüfungen erfordern einen höheren Aufwand, als er allein mit der Vor- und Nachbereitung der Lehrveranstaltungen gerechtfertigt wäre. Betrachtet man Prüfungen unter dem Aspekt der mit Ihnen verbundenen Konsequenzen, also im Rahmen von Kane’s Rahmenwerk, so sind Leistungsrückmeldungen im Rahmen von Lehrveranstaltungen ein Ende des Kontinuums und Staatsexamina der andere Endpunkt [2]. Kombiniert mit Öffnungsklauseln, die manche LVVO‘s vorsehen, ergibt sich so die Möglichkeit, bestimmte Prüfungsarten auf das Lehrdeputat anzurechnen.
Ergebnisse: Die hier vorgeschlagene Klassifikation orientiert sich vor allem an den Konsequenzen der Prüfungen für die Studierenden und für die Gesellschaft. Der mit den verschiedenen Prüfungsformaten verbundene Aufwand ist zwar auch ein wichtiger Gesichtspunkt, sollte aber gerade nach der aktuellen Pandemie nicht auf Kosten der Ausbildungsqualität überbetont werden. Manche Arten von Prüfungen lassen sich gut als eigenständige Bestandteile eines Studiums definieren, um die Qualität der Ausbildung nachhaltig zu sichern.
Diskussion: Die Konsequenzen für die Studierenden und für die Gesellschaft, die mit einzelnen, unzureichenden Prüfungen verknüpft sind, lassen nur auf Kostenersparnis konzipierte Prüfungen als unverantwortlich erscheinen. Gute Prüfungen, die differenzierte Leistungsrückmeldungen ermöglichen, verbessern nicht zuletzt in Human- und Zahnmedizin, die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Um dies dauerhaft zu sichern. müssen die Universitäten auf die Wissenschaftsministerien einwirken, um die LVVO’s entsprechend zu ändern. Die Umsetzung des Masterplans [3] bietet dafür eine einmalige Gelegenheit.
Take Home Message: Sollen Prüfungen hohe Standards dauerhaft erfüllen, muss der mit Ihnen verbundene Aufwand rechtlich abgesichert als Teil der Ausbildung anerkannt werden. Dem stehen aktuell rechtliche Hürden im Wege, diese sind aber nicht unüberwindbar.
Literatur
- 1.
- Jünger J, Just I. Recommendations of the German Society for Medical Education and The German Association of Medical Faculties regarding university-specific assessments during the study of human, dental and veterinary medizin [Empfehlungen der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung und des Medizinischen Fakultätentags für fakultätsinterne Leistungsnachweise während des Studiums der Human-, Zahn- und Tiermedizin]. GMS Z Med Ausbild. 2014;31(3):Doc34. DOI: 10.3205/zma000926
- 2.
- Fischer V. Gütekriterien bei universitären Prüfungen im Lichte von Kanes Rahmenwerk [Quality criteria for academic assessments according to Kane's framework]. Wien Med Wochenschr. 2019;169(5-6):110-118. DOI: 10.1007/s10354-018-0661-z
- 3.
- Bundesministerium für Bildung und Forschung. Masterplan Medizinstudium 2020. Berlin: Bundesministerium für Gesundheit, Bundesministerium für Bildung und Forschung; 2017.