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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

16.-17.09.2021, Zürich, Schweiz (virtuell)

Einfluss der Corona-Pandemie auf die Professionalitätsentwicklung Medizinstudierender an der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Wolfgang Öchsner - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Ulm, Deutschland; Medizinische Fakultät der Universität Ulm, Bereich Studium und Lehre, Ulm, Deutschland
  • presenting/speaker Amelie Prade - Medizinische Fakultät der Universität Ulm, Studiengang Humanmedizin, Ulm, Deutschland
  • Tim Sebastian - Medizinische Fakultät der Universität Ulm, Studiengang Zahnmedizin, Ulm, Deutschland
  • Oliver Keis - Medizinische Fakultät der Universität Ulm, Bereich Studium und Lehre, Ulm, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Zürich, Schweiz, 16.-17.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocP154

doi: 10.3205/21gma349, urn:nbn:de:0183-21gma3498

Veröffentlicht: 15. September 2021

© 2021 Öchsner et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Zielsetzung: Die Effekte singulärer, stark belastender Erfahrungen auf Medizinstudierende wurden in früheren Studien bereits untersucht [1]. Über die Auswirkungen einer anhaltenden globalen Bedrohung wie der Corona-Pandemie auf die Professionalitätsentwicklung hingegen ist wenig bekannt. Erkenntnisziele der Studie waren deshalb unter anderem, inwieweit die Pandemie bei Medizinstudierenden Änderungen in der Studienmotivation, im eigenen Rollenverständnis, in der Relevanz einzelner medizinischer Fachbereiche oder im Verständnis ärztlicher Professionalität bewirkt hat.

Methoden: Im Mai 2020 wurden 21 semi-strukturierte Telefoninterviews mit Studierenden (8./9. Semester) der Medizinischen Fakultät Ulm durchgeführt. Die Interviews wurden aufgezeichnet, transkribiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet

Ergebnisse: Die Interviewpersonen berichteten von einem deutlichen Impact der Pandemie auf ihre Rolle als Medizinstudierende in der Gesellschaft, sowohl in der eigenen Wahrnehmung als auch in der Wahrnehmung durch Dritte. Diese veränderte Wahrnehmung ging mit einem gesteigerten Bewusstsein für die Bedeutung des Arztberufs insgesamt einher, aber auch mit einem deutlich erhöhten intrinsischen wie extrinsischen Erwartungsdruck an die eigene Person. Ebenso wie die oft ad hoc erfolgenden Einschränkungen und Umstrukturierungen des regulären Studienbetriebs wurde dieser erhöhte Erwartungsdruck als Belastung empfunden, auch wenn sich die Studierenden häufig in der Lage sahen, den Erwartungen nachzukommen. Besonders stark vom rollenbezogenen Erwartungsdruck betroffen waren die Rolle des aktiven Helfers im Gesundheitswesen, die Rolle des medizinischen und medizinstatistischen Experten, die daraus resultierende Rolle des Vermittlers und Erklärers von Zahlen, Grafiken und Informationen aus den unterschiedlichen Nachrichten- und Informationskanälen, und die Rolle des medizinischen Ratgebers. Innerhalb des medizinischen Spektrums wurde von den Studierenden die Relevanz der Fächer Hygiene, Mikrobiologie und Virologie stärker wahrgenommen als zuvor, die entsprechenden Lehrpersonen wurden als wichtige Referenzpersonen genannt, die zugehörige Lernmotivation zumindest partiell gesteigert. Im vorbestehenden Verständnis von ärztlicher Professionalität kam es zu keinen wesentlichen Änderungen durch die Pandemieerfahrung. Ein Einfluss der Pandemie auf berufliche Wünsche und Karrierepläne wurde ebenfalls weitgehend verneint.

Diskussion und Take Home Message: Diskutiert werden muss angesichts der Ergebnisse, ob nicht „studentische Professionalität“ als potentielle Teilmenge „ärztlicher Professionalität“ künftig mehr Beachtung verdient, denn die Einflüsse der Pandemie bezogen sich überwiegend auf veränderte und zum Teil belastende Wahrnehmung studentischer Rollen. Fachspezifische Relevanzverschiebungen wurden ebenfalls sichtbar, Berufswünsche oder ärztliche Professionalität als solche wurden nicht wesentlich beeinflusst.


Literatur

1.
Ho CY, Kow CS, Chia CH, Low JY, Lai YH, Lauw SK, How AE, Tan LH, Ngiam XL, Chan NP, Kuek TY, Kamal NH, Chia JL, Abdurrahman AB, Chiam M, Ong YT, Chin AM, Toh YP, Mason S, Krishna LK. The impact of death and dying on the personhood of medical students: a systematic scoping review. BMC Med Educ. 2020;20(1):516. DOI: 10.1186/s12909-020-02411-y Externer Link