gms | German Medical Science

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

16.-17.09.2021, Zürich, Schweiz (virtuell)

Wartezeit nach Fragen im Kontext fallbasierter medizinischer Hochschullehre: Ergebnisse einer Videostudie

Meeting Abstract

  • Janina Häusler - TU München, TUM School of Education, München, Deutschland
  • Marc Gruenewald - TU München, TUM Medical Education Center, München, Deutschland
  • Theresa Pfurtscheller - TU München, TUM Medical Education Center, München, Deutschland
  • Tina Seidel - TU München, TUM School of Education, München, Deutschland
  • Pascal Berberat - TU München, TUM Medical Education Center, München, Deutschland
  • presenting/speaker Martin Gartmeier - TU München, TUM Medical Education Center, München, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Zürich, Schweiz, 16.-17.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocP120

doi: 10.3205/21gma315, urn:nbn:de:0183-21gma3152

Veröffentlicht: 15. September 2021

© 2021 Häusler et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung/Zielsetzung: Inhaltsbezogene Fragen an Studierende sind ein zentrales didaktisches Element medizinischer Hochschullehre, von Vorlesungen bis hin zu Bedside Kursen [1]. Allerdings ist es für Lehrende nicht trivial, Fragen in didaktisch sinnvoller Art und Weise zu stellen – z.B. hinsichtlich der Zeit, die Lehrende nach einer Frage gewähren, damit Studierende über die Frage nachdenken und eine gute Antwort finden können. Diese Wartezeit wird in der Literatur unter dem Schlagwort Teacher Wait Time [2] untersucht – bisher jedoch nicht im Kontext von Medical Education. Wir gehen daher folgenden Fragestellungen nach:

1.
Welcher Anteil der Fragen Lehrender ist gefolgt von einer Wartezeit?
2.
Wie lang sind die Wartezeiten nach Fragen?
3.
Und steht die Dauer der Wartezeiten nach Fragen im Zusammenhang mit Eigenschaften der Fragen (offen vs. geschlossen; reproduktiv vs. wissensverknüpfend; stichwortgebend vs. elaborativ)?

Methoden: Im Rahmen der Studie wurden 32 fallbasierte klinische Seminare aus den Bereichen Innere Medizin und Chirurgie videographiert. Die Seminare wurden von 21 verschiedenen Lehrenden durchgeführt, insgesamt nahmen 230 Medizinstudierende des siebten/achten Semesters daran teil. Die Videoaufnahmen wurden mithilfe von Videoanalyse-Software von vier Personen auf Basis eines theoriebasierten Kategoriensystems codiert. Die Interrater-Reliabilität war hoch. Wartezeiten wurden erst ab einer Dauer von einer Sekunde nach einer Lehrendenfrage als solche codiert.

Ergebnisse: Insgesamt waren 23% aller Fragen von Lehrenden gefolgt von einer Wartezeit. Die durchschnittliche Wartezeit nach Fragen lag bei 3,7 Sekunden (SD=2.94; Min=1.00 second, Max=55.4 seconds) – für einen Überblick über die Verteilung siehe Abbildung 1 [Abb. 1]. Es zeigten sich keine statistisch bedeutsamen Unterschiede in der Länge der Wartezeiten nach offenen, bzw. geschlossenen Fragen sowie nach stichwortgebenden vs. elaborativen Fragen. Jedoch waren wissensverknüpfende Frage gefolgt von statistisch signifikant längeren Wartezeiten als reproduktive Fragen. Weiterhin zeigten sich bedeutsame Unterschiede zwischen verschiedenen Lehrenden.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass Teacher Wait Time nach Fragen als didaktisches Mittel genutzt wird – jedoch nicht von allen Lehrenden und nur teilweise in bewusster Art und Weise. Einige Lehrende scheinen nach bestimmten Fragen gezielt längere Wartezeiten zu gewähren – bei anderen zeigen sich solche Effekte nicht.

Take Home Message: Wartezeit nach Fragen ist ein relativ einfaches didaktisches Mittel, durch das medizinische Lehrende Studierende besser in eine Lehrveranstaltung einbeziehen können. Unsere explorative, methodisch innovative Studie zeigt, dass hier noch viel Weiterbildungsbedarf besteht.


Literatur

1.
Swanwick T. Understanding Medical Education. Oxford: Wiley; 2010.
2.
Rowe MB. Wait Time: Slowing Down May Be A Way of Speeding Up! J Teach Educ. 1986;37(1):43-50. DOI: 10.1177/002248718603700110 Externer Link