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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

16.-17.09.2021, Zürich, Schweiz (virtuell)

Stand der Integration von Geschlechterwissen und Geschlechterkompetenzen in die Curricula der Gesundheitsberufe in Deutschland

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Sabine Ludwig - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland; Hochschule für Gesundheit Bochum, Bochum, Deutschland
  • Susanne Dettmer - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
  • Gabriele Kaczmarczyk - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland; Deutscher Ärztinnenbund, Deutschland
  • Raphael Kohl - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
  • Kristin Kühn - MSB Medical School Berlin, Berlin, Deutschland
  • Ute Seeland - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland; Deutsche Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Medizin e.V., Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Zürich, Schweiz, 16.-17.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV11-03

doi: 10.3205/21gma042, urn:nbn:de:0183-21gma0426

Veröffentlicht: 15. September 2021

© 2021 Ludwig et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung/Zielsetzung: Geschlechterwissen und -kompetenzen sind wichtig, um eine adäquate medizinische und therapeutische Gesundheitsversorgung zu gewährleisten und sollten daher im Rahmen der Ausbildung der Gesundheitsberufe vermittelt werden. Das Ziel war zu erheben wie medizinische Fakultäten und die Leiter*innen von Krankenpflege- und Physiotherapieschulen die Relevanz von Geschlechterkompetenzen für die berufliche Tätigkeit beurteilen, das Ausmaß der curricularen Integration, die Strukturen zur Integration und die Integration in die Qualitätssicherungsinstrumente.

Methoden: Die Befragung erfolgte zwischen Januar und März 2020. Hierzu wurde ein Online-Fragebogen entwickelt und an alle 41 Dekan*innen der Medizinischen Fakultäten, an eine nach Bundesland gewichtete Zufallsstichprobe von 197 (36,7%) Leiter*innen von Krankenpflegeschulen und 97 (33,9%) Leiter*innen von Physiotherapieschulen verschickt. Sie wurden nach der Relevanz von Geschlechteraspekten für die berufliche Tätigkeit befragt, dem Ausmaß der curricularen Integration, den Strukturen der Integration sowie der Integration in die Qualitätssicherungsinstrumente. Hochschulen wurden für die beiden Berufe nicht befragt.

Ergebnisse: Die Rücklaufquote betrug 75,6% (n=31; medizinische Fakultäten), 52,5% (n=94; Krankenpflegeschulen) und 54,6% (n=53, Schulen für Physiotherapie). Geschlechterkompetenzen wurden als relevant für die berufliche Tätigkeit beurteilt (medizinische Fakultäten: 93%; Krankenpflege: 95% Physiotherapie: 92%). Eine systematische longitudinale Integration über das gesamte Curriculum hinweg und in das Assessment konnten nur 3,7% der medizinischen Fakultäten, 2,4% der Krankenpflegeschulen und 6,4% der Schulen für Physiotherapie erreichen. Verantwortlich für die Integration sind für alle drei Berufe vorwiegend die Lehrenden. Die Integration in Studierendenevaluationen erfolgte für alle drei Berufsgruppen nur zu einem sehr geringen Anteil (medizinische Fakultäten: 3%; Krankenpflegeschulen 4%; Physiotherapieschulen: 0%).

Diskussion: Obwohl Geschlechteraspekte als relevant für die zukünftige berufliche Tätigkeit betrachtet werden, sind sie noch nicht systematisch in die Curricula der drei Gesundheitsberufe integriert. Online-Kurse zur Vermittlung von Geschlechterkompetenzen sollten daher für die Lehrenden entwickelt werden und die Integration in Qualitätssicherungsinstrumente erfolgen. Als Limitation ist anzuführen, dass die Dekane der Fakultäten und die Schulleiter möglicherweise nicht über die Geschlechteraspekte informiert waren, die von ihren Lehrkräften gelehrt werden.

Take Home Messages: Für eine systematische Integration müssen Geschlechterkompetenzen als verpflichtende Lehr- und Lerninhalte in die nationalen Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen, in die Approbationsordnung und in den NKLM integriert werden. Zudem sollte Unterstützung bei der Erstellung geschlechtersensibler Unterrichtsmaterialien geleistet werden – beispielsweise durch eine nationale Begutachtungsstelle.


Literatur

1.
Dettmer S, Kaczmarczyk G, Ludwig S, Seeland U. Gutachten für das Bundesministerium für Gesundheit: Aktueller Stand der Integration von Aspekten der Geschlechtersensibilität und des Geschlechterwissens in Rahmenlehr- und Ausbildungsrahmenpläne, Ausbildungskonzepte, -curricula und Lernzielkataloge für Beschäftigte im Gesundheitswesen. Berlin: Bundesministerium für Gesundheit; 2020. Zugänglich unter/available from: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/publikationen/gesundheit/details.html?bmg%5Bpubid%5D=3490 Externer Link
2.
Ludwig S, Dettmer S, Wurl W, Seeland U, Maaz A, Peters H. Evaluation of curricular relevance and actual integration of sex/gender and cultural competencies by final year medical students: effects in student diversity subgroups and by curriculum. GMS J Med Educ. 2020;37(2):Doc19. DOI: 10.3205/zma001312 Externer Link
3.
Schluchter H, Ahmad T, Nauman AT, Ludwig S, Regitz-Zagrosek V, Seeland U. Quantitative and qualitative analysis on sex and gender in preparatory material for medical state examinations in Germany and the USA. J Med Educ Curric Dev. 2020;7:2382120519894253. DOI: 10.1177/2382120519894253 Externer Link