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Trainieren von Reflektion im Rahmen des Blockpraktikums Chirurgie – ein Überblick von 2017-2021
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Veröffentlicht: | 15. September 2021 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Ärzte*innen, insbesondere im operativen Bereich, meistern durchaus extreme Herausforderungen, die je nach emotionaler Kompetenz und anhand der Literatur in 18-82% zu psychosozialen Besonderheiten in diesem Personenkreis führen können. Bereits im NKLM wird anhand der Lernziele deutlich, dass Reflektion zu den erwünschten Kompetenzen von angehenden Ärzten*innen gehört.
Methoden: Das Münsteraner Blockpraktikum Chirurgie teilt sich in eine „Near-Real“ Woche und eine „Real-Life“ Woche für die Studierenden. Die Reflektion wurde seit Oktober 2017 in der „Near-Real“ Woche unter der Leitung von Psycholog*innen und Chirurg*innen als eine von 16 Trainingsstationen etabliert. Seitdem durchliefen 646 Studierende die Option, Situationen aus Ihrer Beobachtung im Rahmen des Blockpraktikums Chirurgie zu thematisieren und zu reflektieren. Das einstündige Setting bestand jeweils aus Kleingruppen mit 6-12 Studierenden. Als Strukturierungsgrundlage der Reflektion wurden Trainings zu Stressmanagement [1] und zu emotionalen Kompetenzen [2] herangezogen.
Ergebnisse: Die Evaluationen ergaben eine gute Akzeptanz der Reflexionsstation von Seiten der Studierenden als auch ein wachsendes Interesse unter den Chirurg*innen. Die Erzählung der beobachteten Situationen in der Chirurgie wurde beispielsweise als entlastend und als Bedürfnis entdeckt und gewertet (Freitextbeispiele).
Diskussion: Reflexionsthemen und ihre dokumentierten Häufigkeiten waren an erster Stelle in nahezu allen Kleingruppen die Kommunikation, die als von Hierarchie-, Struktur- und einem strengen Regelwerk begleitet wahrgenommen wurde. Ein zweiter großer Bereich war die Arbeitsbelastung sowohl in zeitlicher, körperlicher und psychischer Hinsicht bei fehlender Planbarkeit. Auffallend ist bei allen Gruppen, dass stets sowohl positive als auch negative Erfahrungen berichtet wurden.
An dritter Stelle in den Häufigkeiten findet sich die angenommene Inkompatibilität des chirurgischen Berufsfeldes zur Work-Life Balance. Es folgen Fehlervermeidung und Sicherheit, Teamarbeit und Dominanz der Männer gegenüber Frauen. Aus dem Genderthema ergaben sich in knapp einem Fünftel der Gruppen (19,5%) weitere Beobachtungen, die mit „veralteten“/archaischen Bildern überein gebracht werden konnten: Rituale, Aberglauben, Parallelwelt, „Welt für sich“.
Take Home Messages: Die Reflektion von Erfahrungen am Arbeitsplatz scheint einen Bedarf bei den Studierenden zu decken, der letztendlich zu emotionaler Kompetenz in herausfordernden klinischen Szenarien führen kann. Aus diesen Grund wurde die Reflexionsstation im Januar 2021 noch einmal erweitert. In einem nun 2-stündigen Setting wird die allgemeine Reflexionskompetenz mit einer Auswahl an verschiedenen Übungen weiter trainiert.