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Was lernen Studierende in einer klinisch-anatomischen Live Stream-Vorlesung? Eine multizentrische Studie an ausgewählten Regel- und Modellstudiengängen
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Veröffentlicht: | 15. September 2021 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Die sectio chirurgica ist eine interaktive Live Stream-Vorlesung zur Vermittlung klinischer Zusammenhänge im Rahmen des Präparierkurses. Es konnte bereits für einen Standort gezeigt werden, dass sie einen positiven Einfluss auf klinisch-anwendungsbezogenes Wissen hat [1]. Der Vorteil des Live Stream Formats ist jedoch, dass Studierende von überall zuschauen können. Mit einer multizentrischen Feldstudie soll untersucht werden, ob der Einfluss auf den Lernerfolg unabhängig von Studienort und Studiengangsmodell reproduzierbar ist.
Methoden: Im Rahmen einer sectio chirurgica Folge im WS 2019/20 wurde an 4 Standorten (Bochum, Erlangen, Oldenburg, Tübingen) gleichzeitig eine papierbasierte Prä-/Post-Erhebung durchgeführt. Als abhängige Variablen wurden Wissenstests konstruiert, welche anatomisches (n=10 Fragen) und klinisch-anwendungsbezogenes (n=10 Fragen) Wissen abfragen. Unabhängige Variable ist das Curriculumsmodell (Bochum/Oldenburg: Modellstudiengang; Erlangen/Tübingen: Regelstudiengang). In die Studie eingeschlossen wurden nur Teilnehmer, die das Thema (Beckenorgane/Gynäkologie) gerade in regulären Lehrveranstaltungen (Kursus der Makroskopischen Anatomie) behandeln. Statistisch berechnet wurden die im Mittel erreichten Punkte, sowie die Differenz (Δ) zwischen Prä- und Post-Test.
Ergebnisse: Es konnten insgesamt 272 Probanden in die Studie eingeschlossen werden. Die Studierende erreichen insgesamt im Post-Test ein signifikant besseres Ergebnis (prä: 8,50±3,45 vs. post 9,63±2,91 Punkte, p˃0.001), sowohl für die anatomischen (prä: 4,72±2,2 vs. post 5,4±2,07 Punkte, p˃0.001) als auch für die klinisch-anwendungsbezogenen MC-Fragen (prä: 3,8±1,78 vs. post 4,24±1,49 Punkte, p˃0.001). Es gibt aber Unterschiede zwischen den einzelnen Teilkohorten: Die Studierenden in Oldenburg lernen am meisten hinzu (Δ prä-post: +3,1 Punkte), und zwar mehr bei den anatomischen MC-Fragen (Δ prä-post: +2,4 Punkte). Die Studierenden in Tübingen schnitten sogar minimal schlechter ab (Δ prä-post: -0,5 Punkte), allerdings hatten die Studierende hier im Prä-Test einen signifikant höheren Ausgangswert (11,79±3,07) als alle anderen Standorte.
Diskussion: Studierende haben einen messbaren Lerngewinn durch das Anschauen der sectio chirurgica, dieser fällt allerdings heterogen aus. Das Studiengangsmodell scheint für die Unterschiede bei klinisch-anwendungsbezogenem Wissen weniger ausschlaggebend. Der hypothetische Faktor, der die unterschiedlichen Ergebnisse erklären könnte, ist das Vorwissen. Die Tübinger Studierenden haben im prä-post Vergleich keinen Erkenntnisgewinn, da die Erhebung für sie 5 Tage vor der Prüfung stattgefunden hat. Den größeren Erkenntnisgewinn hatten Studierende, die erst am Beginn des thematischen Blocks standen.
Take Home Messages: Klinisch-anatomische Live Stream-Vorlesungen können das akademische Outcome verbessern, unabhängig vom Curriculumsmodell. Der Wissenszuwachs ist unterschiedlich, und hängt wahrscheinlich vom Vorwissen ab.