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23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

01. - 03.09.2022, Lübeck

Evidenzgrundlage für erstattungsfähige digitale Gesundheitsanwendungen

Meeting Abstract

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  • Marie Louise Sebald - Medizinischer Dienst Bund, Bereich Evidenzbasierte Medizin, Deutschland
  • Michaela Eikermann - Medizinischer Dienst Bund, Bereich Evidenzbasierte Medizin, Deutschland

Evidenzbasierte Medizin für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung. 23. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Lübeck, 01.-03.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22ebmVS-4-02

doi: 10.3205/22ebm033, urn:nbn:de:0183-22ebm0332

Veröffentlicht: 30. August 2022

© 2022 Sebald et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund/Fragestellung: Das Digitale-Versorgungs-Gesetz hat einen Rechtsanspruch auf die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) eingeführt, die durch das BfArM in das Verzeichnis erstattungsfähiger DiGA nach § 139e SGB V aufgenommen wurden. Spätestens ein Jahr nach Aufnahme müssen Hersteller gegenüber dem BfArM in einer vergleichenden, nicht zwingend randomisierten Studie einen positiven Versorgungseffekt (pVE) ihrer DiGA nachweisen. Als pVE gilt ein medizinischer Nutzen oder eine patientenrelevante Struktur- und Verfahrensverbesserung. Ziel dieses Beitrages ist ein Überblick über erstattungsfähige DiGA und deren Nachweisführung zum pVE.

Methoden: Für alle erstattungsfähigen DiGA wurden die im Verzeichnis des BfArM gelisteten Informationen zu Anwendungsgebiet, Wirkweise und erbrachtem oder geplantem Nachweis zum pVE ausgewertet. Sofern keine abgeschlossene Studie zum pVE einer DiGA referenziert war, wurde auf der Herstellerwebsite und in Studienregistern (DRKS, Clinicaltrials.gov, EU Clinical Trials Register, ICTRP) nach weiteren Informationen zu den geplanten oder laufenden Studien gesucht.

Ergebnisse: Stand 10/2021 sind 24 DiGA erstattungsfähig, etwa die Hälfte davon wendet sich an Menschen mit psychischen Erkrankungen und beruht auf kognitiver Verhaltenstherapie. Nur für 6 DiGA existiert bereits durch das BfArM anerkannte Evidenz zum pVE. Diese wurde in RCT generiert, die primär den medizinischen Nutzen der jeweiligen DiGA untersuchten. Für die übrigen DiGA sind zum Nachweis des pVE mit einer Ausnahme ebenso RCT mit Fokus auf den medizinischen Nutzen geplant. Der Großteil der Studien vergleicht in einem pragmatischen Wartelistenkontrolldesign die übliche Versorgung ergänzt um die DiGA mit der üblichen Versorgung alleine. Obwohl in keiner Studie eine Verblindung der Teilnehmenden erreicht wird, ist der primäre Endpunkt in nahezu allen Studien ein patientenberichteter Endpunkt (PRO), oft die empfundene Symptomschwere. Mehr als die Hälfte der Studien erhebt nur PROs.

Schlussfolgerung: Aus Sicht der Evidenzbasierten Medizin ist erfreulicherweise festzustellen, dass Hersteller zum Nachweis des pVE ihrer DiGA fast ausnahmslos RCT zum medizinischen Nutzen initiieren. Das zumeist gewählte pragmatische Design erscheint zwar prinzipiell dem Kontext angemessen, der Fokus auf PROs in Kombination mit einer fehlenden Verblindung führt aber zu einem hohen Verzerrungspotential und sollte überdacht werden.