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Evidenzgrundlage von Empfehlungen in uroonkologischen S3-Leitlinien
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Veröffentlicht: | 12. Februar 2020 |
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Hintergrund/Fragestellung: In den letzten Jahrzehnten wurden erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Übertragung der Ergebnisse aus der Forschung in die Praxis zu gewährleisten. Vor allem Leitlinien sind dabei Instrumente, die durch interdisziplinäre Zusammenarbeit von Methodikern, Ärzten und Patientenvertretern den Schritt von der Evidenz in die Praxis unterstützen und damit die Qualität der Versorgung optimieren sollen. Wissenschaftliche Evidenz bildet in Kombination mit klinischer Expertise die Grundlage für die Empfehlungen. Das AWMF-Regelwerk sieht vor, dass starke Empfehlungen (Grad A) mit hoher Evidenzstärke begründet werden [1].
Im Folgenden wurde untersucht auf welcher Evidenzstärke die Empfehlungen in aktuellen uroonkologischen S3-Leitlinien beruhen.
Methoden: Anhand der uroonkologischen S3-Leitlinien zum Blasen-, Nierenzell- und Prostatakarzinom sowie zum Hodentumor wurde ausgezählt, wie viele starke (Grad A), schwache (Grad B) und offene Empfehlungen (Grad C) existieren und wie hoch das hinterlegte Evidenzlevel ist. Für die Bestimmung des Evidenzlevels wurde die SIGN-Klassifizierung von 1999-2012 verwendet. Die Hodentumorleitlinie nutzte das Oxford-Schema von 2009. Zur Auswertung der Evidenzstärke wurden jeweils die Empfehlungen mit einem Evidenzlevel von 1 (entspricht systematischen Übersichtarbeiten, Metaanalysen, randomisierten Studien) ausgezählt und zusammengefasst.
Ergebnisse: In 3 von 4 Leitlinien sind circa 50% der Empfehlungen evidenzbasiert. In der Blasenkarzinom-Leitlinie liegt der Anteil der evidenzbasierten Empfehlungen bei 32%. Alle anderen Empfehlungen basieren auf Expertenkonsens. Insgesamt wurden 146 A-Empfehlungen, 81 B-Empfehlungen und 56 0-Empfehlungen formuliert. Bei Betrachtung der Empfehlungsgrade zeigt sich, dass von den A-Empfehlungen im Durchschnitt 49% durch eine Evidenzstärke Level 1 gestützt wurden. Bei den B-Empfehlungen sind durchschnittlich 22% durch Evidenzstärke Level 1 gestützt, wohingegen es bei den 0-Empfehlungen 27% sind.
Schlussfolgerung: Ein großer Anteil der Empfehlungen aus uroonkologischen Leitlinien ist evidenzbasiert. Insbesondere A-Empfehlungen sind in der Regel mit einer hohen Evidenzstärke belegt, wohingegen B- und 0-Empfehlungen mit einem niedrigeren Evidenzlevel assoziiert sind. Da der Anteil der evidenzbasierten Empfehlungen von der Anzahl der systematisch durchgeführten Literatursuchen abhängt, sollten in Leitlinienprojekten die Mehrheit der Schlüsselfragen systematisch gesucht werden.
Interessenkonflikte: D. Wilborn und S. Schmidt waren an der Leitlinienentwicklung zur S3 Leitlinie zum Hodentumor beteiligt. Die Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.