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Klinisch-ethische Einzelfallberatung bei erwachsenen Menschen – ein Cochrane Review
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Veröffentlicht: | 12. Februar 2020 |
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Hintergrund/Fragestellung: Die Ethikfallberatung ist eine Intervention zur Unterstützung bei ethisch schwierigen Entscheidungssituationen im Gesundheitswesen. Die Wirksamkeit sowie die Auswahl adäquater Outcomes zum Wirksamkeitsnachweis werden kritisch diskutiert.
Ziel der systematischen Übersichtsarbeit war daher
- 1.
- die Effekte der Ethikfallberatung auf die professionellen Akteure und die Versorgung von Erwachsenen zu evaluieren,
- 2.
- das effektivste Modell von Ethikfallberatung zu identifizieren [1].
Methoden: Eingeschlossen wurden randomisiert-kontrollierte (RCT) Studien, kontrollierte Studien, kontrollierte Vorher-Nachher Studien und unterbrochene Zeitreihenanalysen, die vorher definierte primäre und/oder sekundären Endpunkte gemessen haben. Die Studien sollten Ethikfallberatung mit oder ohne aktive Kontrollintervention bei Erwachsenen vergleichen. Die elektronischen Datenbanken CENTRAL, MEDLINE, Embase, CINAHL, PsycINFO, WEB of Science und Studienregister wurden bis September 2018 durchsucht. Es erfolgte eine strukturierte Analyse inklusive Qualitätsbewertung der Studienergebnisse mittels GRADE.
Ergebnisse: Es wurden vier RCTs eingeschlossen. Drei Studien wurden in den USA und eine Studie in Taiwan durchgeführt. Insgesamt wurden 1165 Personen, sämtlich im Setting der Intensivstation, eingeschlossen. Keine Studie hat die primären Endpunkte Entscheidungskonflikt, Moralischer Distress und Einbeziehung in die Entscheidungsfindung untersucht. Eine Studie (n=62) ermittelte für das Modell der Ethikberatung auf Anfrage eine Erhöhung des Konsenses bei der Patientenversorgung von 80% (RR=0.20; P<0.01). Zwei Studien (n=418) berichteten für das Modell der proaktiven Ethikberatung eine hohe Zufriedenheit mit der Intervention (>80%) für professionelle Akteure und die Angehörigen. Eine weitere Studie zur proaktiven Ethikberatung zeigte eine Erhöhung der Zufriedenheit mit der Patientenversorgung um 4.7% bei Pflegefachpersonen und Ärzten (n=365; p>0.05) und Verringerung der Zufriedenheit um 8.9% bei den Patienten und ihren Stellvertretern (n=275; p>0.05). Die weiteren Studien maßen ausschließlich sekundäre Endpunkte.
Schlussfolgerung: Es können aufgrund von methodischen Limitationen der eingeschlossenen Studien keine Aussagen zur Wirksamkeit von Ethikfallberatung getroffen werden. Weiterhin kann aufgrund der geringen Zahl von Studien kein zu präferierendes Modell identifiziert werden. Die Wirkfaktoren und angemessenen Outcomes zur Evaluation von Ethikfallberatung sollten in zukünftigen Forschungsarbeiten untersucht werden.
Interessenkonflikte: Die AutorInnen erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht. Das Review wurde durch die Forschungsförderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (KG1404)) unterstützt.