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Klasse statt Masse – wider die wertlose Wissenschaft: 18. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

09.03. - 11.03.2017, Hamburg

Implementierung von innovativen Rollen für Pflegende im evidenzbasierten interprofessionellen Gesundheitssystem der Zukunft: Barrieren und Chancen

Meeting Abstract

  • corresponding author Sascha Köpke - Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland
  • Gabriele Meyer - Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg, Halle, Deutschland
  • Anne Rahn - Gesundheitswissenschaften, Universität Hamburg, Hamburg, Deutschland
  • Anke Steckelberg - Martin-Luther-Universität, Halle, Deutschland
  • Ralph Möhler - Cochrane Deutschland, Freiburg, Deutschland

Klasse statt Masse – wider die wertlose Wissenschaft. 18. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Hamburg, 09.-11.03.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17ebmS1

doi: 10.3205/17ebm110, urn:nbn:de:0183-17ebm1105

Veröffentlicht: 23. Februar 2017

© 2017 Köpke et al.
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Gliederung

Text

Eine neue Rollenverteilung innerhalb der Medizin und der nicht-ärztlichen Gesundheitsfachberufe scheint angesichts der demografischen und gesellschaftlichen Entwicklung auch in Deutschland unumgänglich. Für Pflegende wurden dabei in den letzten Jahren vor allem „Arzt-entlastende“ Aufgaben oder Aufgaben im Rahmen der sogenannten „Advanced Nursing Practice“ diskutiert. Diese Aufgaben beruhen selten auf gleichberechtigter interprofessioneller Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen auf Basis aktueller Evidenz sondern z.B. auf ärztlicher Delegation an Pflegende oder Fokussierung auf pflegerisches Erfahrungswissen. Nötige neue Rollen und Aufgabenbereiche werden bisher nicht oder nicht ausreichend besetzt. In diesem Symposium sollen drei unterschiedliche Beispiele innovativer pflegerischer Rollenmodelle im Rahmen einer interprofessionellen evidenzbasierten Zusammenarbeit exemplarisch dargestellt und diskutiert werden. Hierbei sollen vor allem Voraussetzungen, Chancen und Barrieren der Implementierung dieser Modelle im Rahmen vermeintlich ärztlicher Vorbehalts-Kompetenzen, wie Therapieplanung und -optimierung sowie die Unterstützung informierter Therapieentscheidungen stehen. Zukünftige notwendige Schritte zur erfolgreichen Implementierung solcher Aufgaben sollen abschließend diskutiert werden.

Beiträge

(1) Einführung
Sascha Köpke (Lübeck)

(2) Pflegebeauftragte zur Implementierung von evidenzbasiertem Wissen in die Altenpflege
Gabriele Meyer, Christin Richter, Steffen Fleischer (Halle)
Um etablierte, nicht angebrachte und wissenschaftlich nicht begründete Pflegeroutinen aufbrechen sowie ungerechtfertigten Variationen in der Pflegepraxis entgegnen zu können, sind in der Regel Multikomponentenprogramme vonnöten, die niederschwellig und nachhaltig sind. Wir haben in den letzten Jahren unter Beteiligung von Pflegenden Programme zu relevanten Fragen der Altenpflege entwickelt: Vermeidung von freiheitsentziehenden Maßnahmen wie Bettgittern und Gurten im Pflegeheim, Reduktion von Antipsychotika durch psychosoziale Intervention im Pflegeheim sowie Kontraktursensible Pflege zur Verbesserung von sozialer Teilhabe und Lebensqualität im Pflegeheim. Eine Kernkomponente dieser Programme ist die Weiterbildung von spezifisch beauftragten Pflegenden. Erste Ergebnisse der umfassenden Prozessevaluation, in der mit quantitativen und qualitativen Methoden die Rolle der Beauftragten in Einzelinterviews reflektiert werden, liegen Ende 2016 vor.

(3) Nurse geleitetes Immuntherapie-Entscheidungscoaching für Menschen mit Multipler Sklerose (DECIMS)
Anne Rahn (Hamburg)
Mit der Einführung der Immuntherapien haben Pflegende als sogenannte „Multiple Sklerose (MS)-Schwestern“ in der Neurologie zunehmend beratende Rollen übernommen. Allerdings beginnt die Beratung in der Regel erst nach einer Therapieentscheidung. Im Rahmen von DECIMS unterstützen Pflegende MS-Betroffene als „Decision Coach“ bei der Entscheidungsfindung bezüglich einer Immuntherapie. Nach einer erfolgreichen Pilotierung des auf dem Prinzip einer gemeinsamen Entscheidungsfindung beruhenden Decision Coaching Programms in zwei MS-Zentren scheint eine deutschlandweite Implementierung derzeitig nicht möglich. Verschiedene Barrieren, wie die Fluktuation von MS-Schwestern, das fehlende Engagement der teilnehmenden MS-Zentren sowie die Freistellung der Decision Coaches führten dazu, dass trotz erfolgreicher Pilotierung, die geplante Fallzahl in der Hauptstudie nicht erreicht werden konnte. Hier bedarf es innovativer Ansätze zur Implementierung und Evaluation des vielversprechenden Konzeptes.

(4) Decision Coaches zur Implementierung von Shared Decision Making in der Onkologie
Anke Steckelberg (Halle), Birte Berger-Höger (Hamburg), Katrin Liethmann(Kiel)
International ist die Einbeziehung von Pflegenden in Beratungs- und Entscheidungsprozesse mit dem Ziel Shared Decison Making (SDM), längst etabliert. Wir haben eine SDM-Intervention bestehend aus Entscheidungshilfe, Training für spezialisierte Pflegende und einem Ärzteworkshop entwickelt, um exemplarisch am Beispiel von Frauen mit duktalem Karzinom (DCIS) zu zeigen, dass diese komplexe Intervention das Ausmaß an SDM verbessern kann. Zentrale Komponente des Programms ist die Qualifizierung von Breast Care Nurses und onkologisch Fachpflegenden zu Decision Coaches, die den Informationsprozess der Frauen unterstützten und die Entscheidung mit der Frau vorbereiten. Eine Pilotstudie hat gezeigt, dass auch in Deutschland diese neuen Rollen von Pflegenden übernommen werden können. Neben der Machbarkeit konnten relevante Barrieren identifiziert werden. Eine noch laufende Cluster-randomisiert-kontrollierte Studie mit einer begleitenden Prozessevaluation wird 2017 weitere Ergebnisse liefern.

(5) Zusammenfassung und Diskussion
Ralph Möhler (Freiburg)