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Klasse statt Masse – wider die wertlose Wissenschaft: 18. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

09.03. - 11.03.2017, Hamburg

Was macht Ethik-Forschung wertvoll? Eine explorative Untersuchung möglicher Wertdimensionen in bioethischen Publikationen

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Marcel Mertz - Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • author Tobias Fischer - Institut für Ethik und Geschichte der Medizin, Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Deutschland
  • author Sabine Salloch - Institut für Ethik und Geschichte der Medizin, Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Deutschland

Klasse statt Masse – wider die wertlose Wissenschaft. 18. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Hamburg, 09.-11.03.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17ebmP4c

doi: 10.3205/17ebm060, urn:nbn:de:0183-17ebm0608

Veröffentlicht: 23. Februar 2017

© 2017 Mertz et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Fragestellung: Kriterien für wissenschaftlich wertvolle und sozial nützliche Forschung sind erforderlich, um die Qualität von Forschungsprojekten zu erhöhen und der Vergeudung von Ressourcen vorzubeugen. Die damit verbundene „Value and Waste“-Debatte bleibt aber bislang weitgehend auf biomedizinische Forschung beschränkt. Doch auch die Bioethik, deren Aufgabe es ist, Werturteile zu fällen, vorzubereiten oder zu moderieren, muss sich kritisch mit dem Wert der eigenen Forschungsarbeit auseinandersetzen, was bisher nur unzureichend geschehen ist. Bioethische Forschung zeichnet sich durch eine Reihe von Besonderheiten aus, die sich unter anderem aus ihrem normativen Charakter und aus der Anforderung konkreter Praxiswirksamkeit ergeben. Relevante Wertdimensionen für diese Art der Forschung müssen daher allererst identifiziert und diskutiert werden.

Material/Methoden: Für die biomedizinische Forschung definieren Chalmers et al. [1] „Wissenszuwachs“ (Wert der Grundlagenforschung) und „Anwendung“ (Wert der Um-setzung von Ergebnissen in die Praxis) als Grundkategorien wertvoller Forschung. Die vor-liegende Studie exploriert die Bedeutung dieser beiden Kategorien für das Feld der Bioethik. Dazu werden 40 im Jahr 2015 erschienene Artikel aus vier internationalen Zeitschriften mittels qualitativer Inhaltsanalyse untersucht. Ausgehend von den Autorenaussagen über den Wert der eigenen Arbeit werden mögliche Wertdimensionen von „Wissenszuwachs“ und „Anwendung“ bioethischer Forschung identifiziert.

Ergebnisse: Erste Ergebnisse der qualitativen Inhaltsanalyse weisen darauf hin, dass „Anwendung“ (z.B. ethischer Konzepte oder Normen in der Praxis der Entscheidungsfindung, in Leitlinien oder in praxisnahen Empfehlungen) als Kategorie nur selten angesprochen wird. Der überwiegende Teil der Wertdimensionen lässt sich in der Kategorie „Wissenszuwachs“ zuordnen, z.B. als Argumente für oder gegen ethische Normen, als Kritik an Theorien oder als Betrachtung eines ethischen Problems unter einer neuen Perspektive.

Schlussfolgerung: Die Kategorien „Wissenszuwachs“ und „Anwendung“ sowie deren Zusammenhang müssen spezifisch für den Bereich der Ethik diskutiert werden. Die in der Studie vorgenommene Analyse deutet darauf hin, dass die Anwendungsdimension bioethischer Forschung derzeit oft unterentwickelt bleibt. Ein besseres Verständnis relevanter Wertdimensionen ist erforderlich, um auch in der bioethischen Forschung „Klasse statt Maße“ fördern zu können.


Literatur

1.
Chalmers I, et al. How to increase value and reduce waste when research priorities are set. Lancet. 2014;383(9912):156-65.