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Selbst- und Fremdeinschätzung des ICECAP-O bei Menschen mit Demenz: eine linguistische Validierung
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Veröffentlicht: | 23. Februar 2017 |
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Hintergrund und Fragestellung: Lebensqualität ist ein wichtiger Ergebnisparameter in der Demenzforschung und viele Instrumente zu ihrer Erfassung liegen vor. Häufig sind diese Instrumente unzureichend linguistisch validiert und die Reliabilität nicht zufriedenstellend [1]. Der ICEPOP CAPability measure for older people (ICECAP-O) basiert auf den Präferenzen älterer Menschen und berücksichtigt die individuellen Verwirklichungschancen (capabilities) in fünf Dimensionen (Verbundenheit, Sicherheit, Rolle, Freude, Unabhängigkeit). Das Instrument geht über rein gesundheitsbezogene Aspekte hinaus und scheint geeignet für (gesunde) ältere Menschen. Unklar ist, ob es auch für Menschen mit Demenz angemessen ist. Eine Untersuchung zur deutschen Proxy-Version zeigt signifikante Abweichungen zwischen unterschiedlichen Proxies von Menschen mit Demenz im Setting Pflegeheim [2]. Eine linguistische Validierung der deutschen Übersetzung fehlt bislang.
Material/Methoden: Im Rahmen des ActifCare Projektes (http://actifcare.eu/) fand eine linguistische Validierung der deutschen Version des ICECAP-O mittels leitfadengestützter kognitiver Interviews (verbal probing [3]) mit Menschen mit Demenz (Selbsteinschätzung) und pflegenden Angehörigen (Proxies) statt. Die Antworten wurden inhaltsgetreu notiert und inhaltsanalytisch bezüglich Verständlichkeit und Beurteilbarkeit ausgewertet.
Ergebnisse: Insgesamt wurden n=11 Angehörige (n=8 weiblich, 53-85 Jahre, n=8 Partner) und n=5 mit Menschen mit Demenz (n=1 weiblich, 60-77 Jahre, MMST 15-29 Pkte) befragt. Eine erste Auswertung zeigt eine große Varianz der Interpretation relevanter Schlüsselbegriffe: Verbundenheit wird als Kontakte zu Bekannten, innerfamiliäre Beziehungen oder körperliche Liebe verstanden. Die Angehörigen beziehen sich auf aktuelle Ereignisse aber auch auf Erfahrungen aus früheren Jahren. Das Konzept der Verwirklichungschancen wird nur von wenigen Angehörigen zutreffend beschrieben, die Antworten der Menschen mit Demenz legen nahe, dass das Konzept nicht verstanden wird.
Schlussfolgerung: Die ersten Ergebnisse der linguistischen Validierung des ICECAP-O stellen die Inhaltsvalidität in Frage. Trotz der kleinen Stichprobe ist der Einsatz in Studien mit Menschen mit Demenz oder als Proxy-Instrument ohne weitere methodische Arbeiten nicht geboten. Die vollständige Auswertung liegt bis Februar 2017 vor.
Literatur
- 1.
- Dichter MN, Schwab CGG, Meyer G, Bartholomeyczik S, Halek M. Linguistic validation and reliability properties are weak investigated of most dementia-specific quality of life measurements - a systematic review. J Clin Epidemiol. 2016;70:233-45.
- 2.
- Makai P, Beckebans F, van Exel J, Brouwer WBF, Quinn TJ. Quality of Life of Nursing Home Residents with Dementia: Validation of the German Version of the ICECAP-O. PLoS ONE. 2014;9: e92016.
- 3.
- Willis GB. Cognitive interviewing: A tool for improving questionnaire design. Thousand Oaks: SAGE Publications; 2005.