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Klasse statt Masse – wider die wertlose Wissenschaft: 18. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

09.03. - 11.03.2017, Hamburg

(Systematische) Reviews normativer Literatur zu medizinischen Themen. Status quo einer „evidenz-basierten“ Ethik

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Marcel Mertz - Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • author Hannes Kahrass - Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • author Daniel Strech - Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

Klasse statt Masse – wider die wertlose Wissenschaft. 18. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Hamburg, 09.-11.03.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17ebmV46

doi: 10.3205/17ebm049, urn:nbn:de:0183-17ebm0499

Veröffentlicht: 23. Februar 2017

© 2017 Mertz et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Fragestellung: Die Zahl (systematischer) Reviews, die normative, d.h. z.B. ethisch argumentierende Literatur auswerten, nimmt zu. Sie sind ein Weg zu mehr Evidenzbasierung der normativ-ethischen Erwägungen bei Entscheidungen im Gesundheitswesen. Jedoch gibt es noch keine Standards zur Durchführung und zur Darstellung solcher Reviews. Auch sind die Fragen unbeantwortet, welche Methoden verwendet werden und wie die Qualität ihrer Berichterstattung ausfällt. Erste Antworten auf diese Fragen gibt eine systematische Review zu (systematischen) Reviews normativer Literatur.

Material/Methoden: Die Literatursuche wurde im April 2015 in PubMed, PhilPapers und Google Scholar durchgeführt. Die Reviews wurden danach eingeteilt, ob diese normative Literatur, empirische Literatur oder beides („gemischt“) gesucht haben. Anschließend wurden jene Reviews, die normative und gemischte Literatur betrachtet haben, analysiert. Dabei wurden durch qualitative Inhaltsanalyse die Methoden bei Suche, Selektion, Analyse und Synthese herausgearbeitet. Zudem wurden die Charakteristika (z.B. Anzahl, Nationalität und akademisches Feld der Autoren) der Reviews quantitativ analysiert.

Ergebnisse: Im Zeitraum 1997 bis 2015 wurden 160 Reviews identifiziert, von denen 84 normative/gemischte Literatur betrachteten. Während die meisten Reviews über verschiedene Aspekte der Suche und Selektion berichtet haben, wurde über Analyse und Synthese deutlich weniger berichtet. So hat z.B. nur ein Viertel einen ethischen Ansatz für die Analyse und Synthese der gesuchten Informationen benannt. Am meisten wurden ethische Herausforderungen („issues“) zu einem bestimmten Thema (n=17), Argumente/Gründe für Handlungen/Entscheidungen (n=14) oder ethische Gesichtspunkte von Handlungsoptionen (n=10) als Informationen gesucht. Bei der Synthese normativer Informationen kommen sowohl qualitative (n=44), quantitative (n=5) und narrative Methoden (n=3) vor, wobei die Beschreibungen oft nicht ausreichend für eine Reproduktion der Synthese sind.

Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse verdeutlichen, dass methodische Minimalstandards für (systematische) Reviews normativer Literatur fehlen, besonders bei der Analyse und Synthese. Eine explizierte Methodik ist erforderlich, um die Qualität solcher Arbeiten zu verbessern, damit ethische Entscheidungen auf Basis einer ausgewogenen Informationsgrundlage getroffen werden können. Dies kann auch Impulse für eine „evidenz-basierte“ Ethik geben.