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Welches Risiko für eine inkorrekte Antwort wird im Tausch gegen schnellere Evidenz-Synthesen in Kauf genommen? Eine internationale Befragung von EntscheidungsträgerInnen und LeitlinienentwicklerInnen
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Veröffentlicht: | 23. Februar 2017 |
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Hintergrund und Fragestellung: Systematische Reviews sind aufgrund ihrer hohen methodischen Ansprüche eine verlässliche und valide Grundlage für gesundheitspolitische Entscheidungen und Leitlinienentwicklung. Ihre Erstellung ist jedoch ressourcen- und zeitaufwendig. Daher entsprechen sie oft nicht den Bedürfnissen von Personen, die rasche Entscheidungen treffen müssen. Rapid Reviews sind Evidenz-Synthesen, die durch Abstriche in der methodischen Stringenz Informationen schneller bereitstellen können. Ein Nachteil ist jedoch, dass die Ergebnisse möglicherweise weniger verlässlich sind als jene von Systematischen Reviews.
Ziel unserer Studie war eine Einschätzung, welches maximale Risiko für ein inkorrektes Ergebnis im Austausch für eine schnellere Zusammenfassung der Evidenz LeitlinienentwicklerInnen und EntscheidungsträgerInnen bereit sind zu akzeptieren.
Methoden: Wir führten eine internationale, webbasierte Befragung von LeitlinienentwicklerInnen und EntscheidungsträgerInnen auf Deutsch, Englisch und Spanisch durch. Die Befragten beurteilten für drei hypothetische klinische und Public-Health-Szenarien das maximal akzeptierbare Risiko, in den Rapid Reviews eine inkorrekte Antwort zu erhalten. Dabei galt die Annahme, dass ein Systematischer Review mit 100 Prozent Sicherheit eine korrekte Antwort liefert und 18 Monate bis zur Fertigstellung benötigt. Ein Rapid Review zum selben Thema könnte in drei Monaten erstellt werden, birgt jedoch ein potentielles Risiko für inkorrekte Antworten. Die Umfrage wurde von April bis Juli 2016 mit LimeSurvey 2.0 durchgeführt.
Ergebnisse: Insgesamt beteiligten sich 334 Personen aus 33 Ländern, die Evidenz-Synthesen für Entscheidungen nützen, an unserer Umfrage. Das maximal akzeptierte Risiko, in einem Rapid Review eine inkorrekte Antwort zu bekommen, lag über alle drei Szenarien hinweg median bei 10% (Interquartile Range [IQR] 5,0%–15,0%). Für die drei Szenarien zeigte sich jeweils ein ähnliches maximal akzeptiertes medianes Risiko: Für Szenario 1 („klinische Behandlung“) lag es bei 10,0% (IQR 5,0%–15,0%), für Szenario 2 („Public-Health-Intervention“) median bei 10,0% (IQR 5,0%–15,0%), und für Szenario 3 („klinische Prävention“) bei 6,5% (IQR 5,0%–10,5%).
Schlussfolgerung: Unsere Studie zeigt, dass EntscheidungsträgerInnen und LeitlinienentwicklerInnen bereit sind, ein geringes Risiko für eine inkorrekte Antwort zu akzeptieren, um eine schnellere Evidenz-Synthese zu erhalten.