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„Einsamkeit ist schlecht für Herz und Kreislauf“ – Kausale Interpretation von Assoziationsstudien in Medizin-News des Deutschen Ärzteblatts
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Veröffentlicht: | 23. Februar 2017 |
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Hintergrund: Beobachtungsstudien werden in den Medien oft kausal interpretiert, obwohl das Studiendesign nur die Beschreibung einer Assoziation von Variablen zulässt.
Ziel: Analyse der News auf der Website des Deutschen Ärzteblatts (DÄB) auf kausale Interpretation von Studienergebnissen.
Methoden: Studiendesign: retrospektive quantitative Inhaltsanalyse.
Ein getestetes Instrument zur Bewertung von Aussagen zu Kausalität in Zeitungsartikeln [1] wurde übersetzt und pilotiert. Es wurden fünf Kategorien mit Einstufungen von neutral bis eindeutig kausal abgeleitet. Eingeschlossen wurden Medizin-News, deren Schlagzeilen die Beziehung von mindestens zwei Variablen beschreiben. Eine Masterstudentin (BM) [2] und eine Gesundheitswissenschaftlerin (SB) kategorisierten unabhängig voneinander Schlagzeile und Textkörper der News, Fazit (Abstract, Volltext) der zugrundeliegenden Originalpublikation sowie verlinkte Pressemitteilungen. Die Schlagzeilen wurden zusätzlich von einer dritten Raterin (AR) bewertet. Unterschiedliche Ratings wurden diskursiv konsentiert.
Ergebnisparameter: Übereinstimmung zwischen a) kategorisierter Schlagzeile und Fazit der Publikation, b) Schlagzeile und Text, c) Text und Fazit der Publikation sowie d) Schlagzeile und Pressemitteilung. Zudem wurde analysiert, ob das Studiendesign die Aussage der jeweiligen Schlagzeile zulässt.
Ergebnisse: Von April 2015 bis Mai 2016 wurden 1087 Medizin-News veröffentlicht, davon sollte eine Stichprobe von etwa 200 analysiert werden. Insgesamt wurden 327 zufällig ausgewählte Schlagzeilen geprüft. Die Einschlusskriterien erfüllten 177, 101 davon mit Pressemitteilung. Die Kategorisierung der Schlagzeilen ergab eine gute Inter-Rater-Reliabilität (Fleiss’ Kappa=0,69).
Die Übereinstimmung der zugeordneten Kategorien von a) Schlagzeile und Fazit der Originalstudie betrug 40% (71/177), b) Schlagzeile und Text 50% (89/177), c) Text und Studienfazit 54% (95/177), d) Schlagzeile und Pressemitteilung 43% (43/101). Insgesamt wurden 131 Schlagzeilen als eindeutig kausal kategorisiert, obwohl nur 47 (36%) Ergebnisse von randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) beschreiben.
Schlussfolgerung: Die Mehrzahl der kausal formulierten Schlagzeilen in den News des DÄB basiert nicht auf RCTs. Auch wenn im nachfolgenden Text die Aussagen der Schlagzeilen teilweise relativiert werden, bedeutet es eine Irreführung der Leser. Wissenschaftliche Standards zum Berichten von Studienergebnissen sollten auch von Journalisten berücksichtigt werden.
Literatur
- 1.
- Sumner P, Vivian-Griffiths S, Boivin J. The association between exaggeration in health related science news and academic press releases: retrospective observational study. BMJ. 2014;349:g7015. DOI: 10.1136/bmj.g7015
- 2.
- Bock M. Kausale Interpretation von Assoziationsstudien – Analyse der Medizin-News im Deutschen Ärzteblatt [unveröffentlichte Masterarbeit, Universität Hamburg]. 2016.