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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Analyse organisationaler Determinanten von Versorgungsqualität und Patientensicherheit: Eine Längsschnittanalyse deutscher Krankenhäuser auf Basis des AGIL-Schemas von Talcott Parsons

Meeting Abstract

  • Arno Stöcker - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (Universität zu Köln), Köln, Deutschland; Zentrum für Versorgungsforschung Köln (Universität zu Köln), Köln, Deutschland
  • Jeffrey Braithwaite - Australian Institute of Health Innovation (Macquarie University), Australien
  • Ludwig Kuntz - Zentrum für Versorgungsforschung Köln (Universität zu Köln), Köln, Deutschland; Seminar für ABWL und Management im Gesundheitswesen (Universität zu Köln), Köln, Deutschland
  • Verena Maschke - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (Universität zu Köln), Köln, Deutschland
  • Holger Pfaff - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (Universität zu Köln), Köln, Deutschland; Zentrum für Versorgungsforschung Köln (Universität zu Köln), Köln, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf445

doi: 10.3205/24dkvf445, urn:nbn:de:0183-24dkvf4457

Veröffentlicht: 10. September 2024

© 2024 Stöcker et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Zahlreiche Studien gaben den Anlass für fruchtbare Diskussionen über die Möglichkeit der Verbesserung der Versorgungsqualität und der Patientensicherheit. Aus einer soziologischen Perspektive können die dabei aufgedeckten Unzulänglichkeiten in diesem Bestreben möglicherweise darauf zurückgeführt werden, dass soziologische Konzepte und Theorien bei der Untersuchung der sozialen Interaktionen im Gesundheitswesen zu wenig Anwendung gefunden haben. Wir betonen die Bedeutung sozialer Systemfaktoren für die Versorgungsqualität und wenden Teile von Parsons AGIL-Schema an, um zwei soziale Voraussetzungen für kollektives, organisatorisches und qualitätsorientiertes Handeln zu identifizieren: Zielerreichung (goal attaiment) und Integration.

Zielsetzung: Die Hypothese lautete, dass Gesundheitsorganisationen, die gleichzeitig zielgerichtet und integrativ sind, langfristig eine bessere Versorgungsqualität bieten.

Methode: Unsere Untersuchung basiert auf zwei unterschiedlichen Datensätzen. Zum einen auf einer Befragung medizinischer Direktoren deutscher Krankenhäuser aus dem Jahr 2008. Hier wurden je eine Skala zur transformationalen Führung (als Indikator für Zielerreichung) und zum Sozialkapital (als Indikator für Integration) abgefragt. Anhand von Median-Splits wurden daraufhin zwei Gruppen von Krankenhäusern mit hohen und niedrigen Werten für beide Funktionen (bezeichnet als GI-Faktor) gebildet. In einem zweiten Schritt wurden diese Umfragedaten in einer Längsschnittstudie (2012–2019) mit Qualitätsdaten aus den bundesweit obligatorischen Qualitätsberichten deutscher Krankenhäuser zusammengeführt. In den Qualitätsberichten werden Qualitätsindikatoren erhoben und bewertet. Auf Grundlage dieser externen Bewertungen haben wir Panelmodelle für zwei Ergebnisvariablen entwickelt: Anteil von Qualitätsunregelmäßigkeiten und Anteil von Qualitätsmängeln bei den Qualitätsindikatoren.

Ergebnisse: Für 508 Krankenhäuser mit 3.940 Beobachtungen (ein Drittel aller deutschen Krankenhäuser) war ein niedriger GI-Faktor signifikant mit einem höheren Anteil von Qualitätsunregelmäßigkeiten verbunden. Für Qualitätsmängel wurde kein signifikanter Zusammenhang gefunden, sobald für transformationale Führung und Sozialkapital kontrolliert wurde.

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Die Qualitätserbringung von Gesundheitsorganisationen kann verbessert werden, indem allgemeine Voraussetzungen im kollektiven System für zielgerichtetes kollektives Handeln gestärkt werden, wie z.B. transformationale Führung und die soziale Integration unter Gesundheitsfachkräften. In Kombination erhöht dies die organisatorische Kapazität und trägt damit dazu bei, weniger Auffälligkeiten bei Qualitätsindikatoren aufzuweisen. Wir argumentieren, dass die Verwendung soziologischer Theorien dazu beitragen kann, grundlegende soziale Bedingungen für Qualität und Sicherheit im Gesundheitswesen zu beleuchten.