gms | German Medical Science

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung im Bereich Urologische Tumore

Meeting Abstract

  • Björn Broge - aQua-Institut, Göttingen, Deutschland
  • Marianne Leitsmann - aQua-Institut, Göttingen, Deutschland; Medizinische Universität Graz, Klinik für Urologie, Graz, Österreich
  • Carina Stammann - aQua-Institut, Göttingen, Deutschland
  • Tobias Herrmann - aQua-Institut, Göttingen, Deutschland
  • Gerald Willms - aQua-Institut, Göttingen, Deutschland
  • Roland Zielke - Berufsverband der Deutschen Urologie e.V. (BvDU), Berlin, Deutschland
  • André Byrla - Deutsches Institut für Fachärztliche Versorgungsforschung GmbH, Berlin, Deutschland
  • Maria Feske - Deutsches Institut für Fachärztliche Versorgungsforschung GmbH, Berlin, Deutschland
  • Katja Krug - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • Michel Wensing - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • Markus Leibner - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Stephanie Oltmanns - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Tobias Nieporte - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Hanna Zwiener - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Lothar Weissbach - Gesundheitsforschung für Männer gGmbH, Berlin, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf437

doi: 10.3205/24dkvf437, urn:nbn:de:0183-24dkvf4370

Veröffentlicht: 10. September 2024

© 2024 Broge et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Seit dem 1.1.2012 können komplexe/seltene Erkrankungen mittels der in § 116b SGB V geregelten ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) behandelt werden.

Zielsetzung: Das Projekt „ASV-WE“ untersuchte am Beispiel der urologischen Tumoren inwiefern die Richtlinie ihre Ziele auf Ebene der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität erreicht und welche Rückschlüsse daraus für die Weiterentwicklung zu ziehen sind.

Methode: Im Fokus stand die Bewertung der ASV-Ziele auf Patienten- und Versorgerebene. Die Methodik folgte einem „Mixed Methods-Ansatz“ bestehend aus einer Befragung von Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom und Versorgern, einer Falldatenanalyse, Interviews und Kleingruppendiskussionen sowie der Durchführung von Workshops mit Erarbeitung von Handlungsempfehlungen.

Ergebnisse: Die Patientenbefragung zeigte keine höhere Lebensqualität und keine höhere Zufriedenheit mit der Versorgung von ASV-Patienten (n=110) im Vergleich zur Regelversorgung (n=145). Insgesamt hatten ASV-Patienten keinen besseren Zugang zur Versorgung, erhielten jedoch zügiger Termine. Sie berichteten insgesamt von keiner besseren Koordination der Versorgung, jedoch von einer besseren Verfügbarkeit ärztlicher Ansprechpartner und einer besseren Zusammenarbeit. Zudem wiesen sie eine höhere Therapieadhärenz auf, waren über ihre Erkrankung und die Therapieoptionen besser aufgeklärt/informiert und an Entscheidungen über ihre Therapie besser beteiligt. Zur vergleichenden Beurteilung medizinischer Outcomes fehlt aktuell die Datengrundlage. Die zunehmende Anzahl der ASV-Teams für Urologische Tumore (n=99, Stand 09/2023) konzentrierten sich auf Teamleitungen an Kliniken. Ca. 1/3 der Kernteams hat keine Beteiligung urologischer Praxen. In der Versorgerbefragung berichteten sowohl ASV- (n=78) als auch Nicht-ASV-Ärzte (n=184) vernetzt zu arbeiten und zeigten eine hohe Zufriedenheit hinsichtlich der einrichtungs- bzw. sektorenübergreifenden Zusammenarbeit. Es zeigte sich eine deutliche Unzufriedenheit mit den Rahmenbedingungen der ASV, z.B. mit dem hohen Aufwand für die Teamgründung und -verwaltung. Insgesamt ergaben sich keine eindeutigen Hinweise darauf, dass die ASV Innovation und Weiterentwicklung der Versorgung fördern könnte.

Implikation für Versorgungspraxis: Die aus den Projektergebnissen abgeleiteten Empfehlungen sind u.a.

1.
eine bundesweite Vereinheitlichung der Prozesse und Strukturen: insbesondere beim ASV-Zulassungsverfahren und bei der Teamverwaltung, eine Berücksichtigung bereits vorhandener Qualifikationsnachweise zur spezialisierten Versorgung uroonkologischer Patienten bei der Zulassung und der Fokus auf fachrelevante Leistungen sowie die Vereinfachung der Abrechnung,
2.
eine Prozess- und Ergebnisdokumentation: wissenschaftliche Untersuchung und Transparenz des Patientennutzens bzw. der damit verbundenen Qualität gegenüber einer Behandlung außerhalb der ASV, Etablierung einer Datenstruktur, Nutzung einer gemeinsamen digitalen Patientenakte, Entwicklung von Qualitätsindikatoren und Schaffung eines überregionalen Verfahrens zur Qualitätssicherung und
3.
eine verbesserte Information, Beratung und Kommunikation: Optimierung des Informations- und Beratungsangebots für Ärzte, Anerkennung der onkologischen Weiterbildung im Rahmen der ASV, Verbesserung der Patienteninformation zur ASV und über andere bestehende Versorgungsstrukturen.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; Projektname: Stand und Weiterentwicklung der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung im Bereich „Urologische Tumore“ (ASV-WE); Fördernummer: 01VSF20026