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Simulationsstudie zu den Auswirkungen der Krankenhausreform auf die Time to Treatment bei akutem Myokardinfarkt
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Veröffentlicht: | 10. September 2024 |
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Hintergrund: Die aktuelle deutsche Krankenhausreform sieht eine Konzentration der Leistungen auf Leistungsgruppen für bestimmte Krankenhäuser vor. Ein möglicher negativer Effekt ist die Verlängerung der Transportwege des Rettungsdienstes bei akuten Erkrankungen. Aufgrund der Bedeutung der Time to Treatment und der Häufigkeit des Auftretens wurde die Leistungsgruppe der interventionellen Kardiologie für diese Analyse ausgewählt.
Zielsetzung: Ziel der Studie ist es, die Auswirkungen des Reformvorhabens des Bundesministeriums auf die Transportzeiten von Patienten mit akutem ST-Hebungsinfarkt zu untersuchen. Darüber hinaus werden Handlungsempfehlungen zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen Versorgung vorgeschlagen.
Methode: Für diese Studie wurden die Auswirkungen der Reformpläne mit einer Software der der Firma Mediqon für die Bundesländer Hessen und Nordrhein-Westfalen simuliert, da diese bereits zugeordnete Versorgungsgebiete vorweisen können. Bei einer zusätzlichen Simulation für Baden-Württemberg wurde die Zuteilung nach Standorten und Leistungsgruppen entschieden. Für die Simulation wurden zunächst die aktuellen durchschnittlichen Transportwege analysiert und anschließend die Auswirkungen der Reformpläne simuliert. Die Daten stammen überwiegend aus der Weißen Liste. Aufbauend auf den Ergebnissen wurden Experteninterviews mit fünf Kardiologen und vier Medizincontrollern zu den Auswirkungen durchgeführt und mit der induktiven Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.
Ergebnisse: Die aktuelle Analyse der Transportwege beim akuten ST-Hebungsinfarkt zeigt eine durchwegs gute Akutversorgung in Deutschland. Lediglich in ländlichen Gebieten treten teilweise lange Transportzeiten von bis zu 135 Minuten auf. Unter den getroffenen Annahmen können diese Transportzeiten auch in der Simulation für den Großteil der Bevölkerung beibehalten werden. Teilweise kommt es zu Verschiebungen der von 10–19 Minuten auf 20–29 Minuten. Die derzeitigen Versorgungslücken bleiben jedoch bestehen. In den Experteninterviews wurden diese Ergebnisse bestätigt. Wesentlich ist jedoch, dass die verbleibenden Kliniken eine 24h Versorgung gewährleisten müssen. Als größtes Problem wurde der Personalmangel genannt, der immer häufiger dazu führt, dass Kliniken mit einem 24h-verfügaberem Herzkatheterlabor nicht angefahren werden können. Weitere Probleme sind die Überlastung der Kliniken mit Herzinfarktpatienten, die fehlende ambulante Versorgung in ländlichen Gebieten, die unterschiedliche Ausstattung der Notarzteinsatzfahrzeuge, Unklarheiten bei der Aufnahme in die Leistungsgruppe der interventionellen Kardologie und die Finanzierung bei den Kliniken.
Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Aus den Ergebnissen wurden Handlungsempfehlungen abgeleitet. In erster Linie ist der kontinuierliche Betrieb der verbleibenden Standorte mit einem 24h-verfügaberem Herzkatheterlabor unter allen Umständen sicherzustellen. Darüber hinaus sollten die Richtlinien für den Einsatz der Luftrettung angepasst werden, um eine leitliniengerechte Versorgung in Gebieten mit längeren Anfahrtszeiten und bei vorübergehendem Ausfall eines Standortes mit Herzkatheterlabor sicherstellen zu können. Die Auswirkungen der Reform auf die Kliniken sollten schnellstmöglich geklärt werden. Als Vorbild wurde hier NRW genannt.