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Determinanten für den Elternbericht einer administrativ dokumentierten ADHS-Diagnose des Kindes: Ergebnisse des Konsortialprojekts INTEGRATE-ADHD
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Veröffentlicht: | 10. September 2024 |
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Hintergrund: Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der am häufigsten diagnostizierten psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Sie geht oftmals mit Beeinträchtigungen der schulischen, verhaltensbezogenen, emotionalen und sozialen Funktionsfähigkeit, Gesundheit und Lebensqualität einher. Repräsentative Daten zur bevölkerungsbezogenen Diagnoseprävalenz der ADHS liegen für Deutschland unter anderem aus der KiGGS-Studie vor, in der die Eltern nach dem Vorliegen einer ärztlich oder psychologisch gestellten ADHS-Diagnose gefragt wurden. Unbekannt ist allerdings, welche Faktoren die elterliche Berichtswahrscheinlichkeit beeinflussen. Im Konsortialprojekt INTEGRATE-ADHD wurden Eltern von Kindern mit gesicherter administrativer ADHS-Diagnose unter anderem zur ADHS-Diagnose des Kindes, Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen sowie zu psychosozialen Indikatoren befragt.
Zielsetzung: Dieser Beitrag untersucht, ob und inwieweit inanspruchnahmebezogene und psychosoziale Faktoren den Elternbericht einer administrativen ADHS-Diagnose vorhersagen können.
Methode: Online befragt wurden 5.461 Eltern, deren Kinder im Jahr 2020 bei der DAK-Gesundheit versichert und 0 bis 17 Jahre alt waren und in mindestens einem Quartal (M1Q-Kriterium) dieses Jahres eine als gesicherte gekennzeichnete administrative ADHS-Diagnose (ICD-10 F90.-, einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung) aufwiesen. In die Analyse wurden Befragungsdaten zur fachärztlichen Inanspruchnahme sowie zu elterlicher Psychopathologie, Belastungen und psychosozialen Ressourcen einbezogen, aus den administrativen Daten wurden Informationen zur Facharztgruppe der diagnosestellenden Person einbezogen. Zur Vorhersage der elternberichtete ADHS-Diagnose wurden logistische Regressionsanalysen durchgeführt.
Ergebnisse: Etwa ein Drittel der Eltern berichtete die administrativ dokumentierte ADHS-Diagnose ihres Kindes nicht. Die Eltern berichteten eine ADHS-Diagnose des Kindes eher, wenn die Diagnose im Rahmen von psychiatrischer, psychologischer oder psychotherapeutischer Versorgung gestellt wurde, wenn die Kinder psychiatrische, psychologische oder psychotherapeutische Versorgung in Anspruch nahmen, mehr elterliche Belastungen und elterliche Psychopathologie vorlagen und weniger Ressourcen angegeben wurden. Als prädiktiv für den Elternbericht erwies sich insbesondere die Facharztzugehörigkeit der diagnosestellenden Person und das Vorliegen einer elterlichen ADHS-Diagnose.
Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Die Inanspruchnahme fachärztlicher Versorgung sowie psychosoziale Indikatoren sind mit dem elterlichen Reporting der ADHS-Diagnose ihres Kindes assoziiert. Die Bedeutung einer leitliniengerechten Diagnostik, der Arzt-Patienten-Kommunikation und der Belastungen in ADHS-betroffenen Familien werden diskutiert.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; Projektname: INTEGRATE-ADHD; Fördernummer: 01VSF19014