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Ist eine multi-modale Informationskampagne geeignet, das Sepsiswissen zu erhöhen? Ergebnisse der Evaluation der SepWiss-Studie
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Veröffentlicht: | 10. September 2024 |
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Hintergrund: Sepsis ist ein medizinischer Notfall, bei dem jede Verzögerung der Behandlung mit einem höheren Sterblichkeitsrisiko verbunden ist. Das Wissen zu Prävention und Früherkennung von Sepsis ist in Risikogruppen (z.B. Personen ab 60 Jahren oder mit Vorerkrankungen) allerdings gering [1]. Im Innovationsfondsprojekt SepWiss wurden evidenzbasierte Gesundheitsinformationen zum Thema Sepsis entwickelt und durch eine multi-modale Informationskampagne in der Interventionsregion Berlin/Brandenburg verbreitet. Als Kontrollregion dienten die restlichen Bundesländer Deutschlands.
Zielsetzung: Evaluation des Kampagnenerfolgs bezüglich des Sepsiswissens von Patient*innen.
Methode: Im Rahmen einer nicht-randomisierten zweiarmigen Interventionsstudie im kontrollierten Vorher-Nachher-Design wurde der Effekt der Informationskampagne durch eine längsschnittliche Befragung an N = 543 Patient*innen evaluiert. Die Erfassung des Outcomes Sepsiswissen erfolgte über 36 Items zu den Themen Definition & Epidemiologie, Risikofaktoren, Symptome, Prävention und sepsisspezifisches Impfwissen (Score mit Range von 0 bis 36). Die zeitliche Veränderung des Sepsiswissen über die Regionen hinweg und der Effekt der Kampagne als „Average Treatment Effect“ (ATE) wurde mittels Multigruppen-Strukturgleichungsmodell unter Kontrolle möglicher Kovariaten (Alter, Geschlecht, Bildungsniveau, Häufigkeit der Suche nach Gesundheitsinformationen und Vielfalt der Informationsquellen) geschätzt. Die Analysen erfolgten auch für die Subgruppe der Patient*innen mit und ohne Kampagnenkontakt unabhängig von der Region.
Ergebnisse: Das mittlere Sepsiswissen vor der Kampagne lag bei M = 16,7 (SD =7,6) in der Kontroll- und M = 15,9 (SD = 7,4) in der Interventionsregion. Nach der Kampagne lag das Sepsiswissen in beiden Regionen bei M = 19,3 (SD =6,8 bzw. SD =7,0). Es zeigte sich kein Kampagneneffekt im Sinne einer differentiellen Veränderung zwischen der Kontroll- und Interventionsregion, sowohl unadjustiert (ATE = 0.21, p = 0.71) als auch adjustiert (ATE = 0.28, p = 0.63). Kontakt zur Kampagne hatten 2% bzw. 19% der Befragten in der Kontroll- bzw. Interventionsregion. Das mittlere Sepsiswissen der Befragten ohne selbstberichteten Kampagnenkontakt lag vor der Kampagne bei M = 16,5 (SD = 7,3) und nach der Kampagne bei M = 19,2 (SD = 6,9). In der Gruppe mit Kampagnenkontakt betrug das mittlere Sepsiswissen vorher M = 17,6 (SD = 8,5) und nach der Kampagne M = 22,0 (SD = 7,2), was einem signifikanten Kampagneneffekt entspricht (ATE = 2.22, p = 0.03). Auch nach Kontrolle möglicher Kovariaten blieb dieser Effekt nachweisbar.
Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Die Ergebnisse sind ein Hinweis, dass multi-modale Informationskampagnen zumindest bei denjenigen mit Kampagnenkontakt zu einer Erhöhung des Sepsiswissens führen können. Zukünftige Forschung sollte klären, inwieweit sich dieses Wissen in konkreten Handlungen (z.B. Wahrnehmen von Impfungen bzw. Früherkennung von Sepsis) abbildet. Zudem müssen Wege gefunden werden, über Kampagnen einen größeren Teil der Risikopopulation zu erreichen.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; Projektname: SepWiss; Fördernummer: 01VSF19020