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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Einfluss des Alters auf die operative Therapie des in situ-Karzinoms der weiblichen Brust in Niedersachsen

Meeting Abstract

  • Anja Groeneveld - Klinische Landesauswertungsstelle Niedersachsen (Klast), Oldenburg, Deutschland; Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen (EKN), Registerstelle, OFFIS CARE GmbH, Oldenburg, Deutschland
  • Iris Urbschat - Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen (EKN), Registerstelle, OFFIS CARE GmbH, Oldenburg, Deutschland
  • Joachim Hübner - Klinische Landesauswertungsstelle Niedersachsen (Klast), Oldenburg, Deutschland
  • Eunice Sirri - Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen (EKN), Registerstelle, OFFIS CARE GmbH, Oldenburg, Deutschland
  • Claudia Vohmann - Klinische Landesauswertungsstelle Niedersachsen (Klast), Oldenburg, Deutschland; Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen (EKN), Registerstelle, OFFIS CARE GmbH, Oldenburg, Deutschland
  • Joachim Kieschke - Klinische Landesauswertungsstelle Niedersachsen (Klast), Oldenburg, Deutschland; Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen (EKN), Registerstelle, OFFIS CARE GmbH, Oldenburg, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf171

doi: 10.3205/24dkvf171, urn:nbn:de:0183-24dkvf1711

Veröffentlicht: 10. September 2024

© 2024 Groeneveld et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Beim in situ-Karzinom der weiblichen Brust (CIS) handelt es sich um eine Vorstufe des invasiven Brustkrebses. Es ist lokal begrenzt auf Milchgänge (DCIS) oder in seltenen Fällen auf Brustläppchen (LCIS). Nicht jedes CIS entwickelt sich zu einem invasiven Karzinom. Da es zz. keine Möglichkeit gibt, einzuschätzen, welches CIS später progrediert, wird die Tumorentfernung empfohlen. Für die Behandlung von CIS stellen die brusterhaltende Therapie (BET), ggf. mit anschließender Bestrahlung, oder die Mastektomie (ME) einen zentralen Bestandteil der Krebstherapie nach S3-Leitlinie dar. Die Wahl der operativen Therapie hängt ab von Tumoreigenschaften, familiärem Risikoprofil, allgemeinem Gesundheitszustand und Patientinnenpräferenz.

Zielsetzung: Anhand der Daten der Klinischen Landesauswertungsstelle Niedersachsen (KLast) untersuchen wir, inwiefern sich die Art der operativen Therapie in verschiedenen Altersklassen unterscheidet.

Methode: In die Auswertung wurden CIS (ICD-10 D05) eingeschlossen, die in den Jahren 2019–2022 neu bei Frauen diagnostiziert und in Niedersachsen behandelt wurden und zu denen in der KLast Angaben zu tumorresezierenden Operationen (BET; ME) im ersten Jahr nach Erstdiagnose vorliegen (OPS-Codes nach Plattform § 65c). Patientinnen, bei denen vor der CIS-Operation ein invasives Mammakarzinom (ICD-10 C50) aufgetreten ist, wurden ausgeschlossen. Vier Altersklassen wurden analysiert (0–49 Jahre: n=190; 50–59 Jahre: n=732; 60–69 Jahre: n=596; 70+ Jahre: n=297). Je Altersklasse wurden die Anteile von BET (ggf. mit anschließender Bestrahlung) bzw. ME berechnet. Erfolgte neben einer BET zusätzlich eine ME, zählt der Fall zur Gruppe der ME.

Ergebnisse: Es wurden Daten von 1.815 CIS ausgewertet. Der Gesamt-Anteil der CIS, die mit einer ME behandelt wurden, liegt bei 16,6%. Bei jüngeren Patientinnen (< 50 J.) wird mit 35,3% häufiger eine ME durchgeführt. Auch für Frauen ab 70 Jahren liegt der Anteil von ME mit 23,6% über dem Durchschnitt. Frauen in der Mammographie-Screening-Altersklasse 50–69 Jahre weisen dagegen einen relativ geringen ME-Anteil auf (50–59 Jahre: 14,3%; 60–69 Jahre: 10,1%).

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: CIS, die bei Frauen unter 50 Jahren – und somit außerhalb des organisierten Mammographie-Screenings – detektiert werden, gehen häufig mit einer klinischen Symptomatik einher. Dies könnte die Wahl einer radikaleren Therapie begünstigen. Zudem geht ein frühes Auftreten von Brustkrebs häufiger mit einem familiär erhöhten Brustkrebsrisiko einher; jüngere Frauen könnten sich wegen eines evtl. höheren Rezidivrisikos eher für eine ME entscheiden. Der niedrigere Anteil von ME in der Screening-Altersklasse (50-69 Jahre) kann ein Hinweis darauf sein, dass im Mammographie-Screening häufiger CIS mit einer günstigen Prognose entdeckt werden, die schonender behandelt werden. Die Problematik der Überdiagnose und Übertherapie ist hier zu diskutieren. Limitation der Auswertung ist, dass Informationen zur Patientinnenpräferenz und zu Begleiterkrankungen nicht vorliegen und daher nicht berücksichtigt werden können. Welchen Einfluss weitere Faktoren, wie z.B. Tumorgröße, Grading, R-Status, auf die Wahl der Therapie haben, ist weiter zu untersuchen.