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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Videosprechstunden in der ambulanten Versorgung: Ärztliche Perspektiven und Auswirkungen der Covid-19-Pandemie – Ergebnisse einer qualitativen Studie

Meeting Abstract

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  • Tonja Kattein - Technische Universität Berlin, Deutschland
  • Susanne Felgner - Technische Universität Berlin, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf120

doi: 10.3205/24dkvf120, urn:nbn:de:0183-24dkvf1202

Veröffentlicht: 10. September 2024

© 2024 Kattein et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Covid-19-Pandemie hat den Einsatz digitaler Anwendungen zur Realisierung der Arzt*Ärztin-Patient*innen-Kommunikation, wie z.B. die Videosprechstunde, im ambulanten Versorgungsalltag notwendig gemacht.

Zielsetzung: Ziel dieser Studie ist es, Herausforderungen bei Implementierung und Nutzung von Videosprechstunden aus der Perspektive von Ärzt*innen zu untersuchen sowie mögliche Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Nutzung von Videosprechstunden zu identifizieren.

Methode: Es wurden semi-strukturierte Expert*inneninterviews (n=7) mit Ärzt*innen der Allgemeinmedizin aus sechs deutschen Großstädten (u.a. Köln, Dresden) im Oktober und November 2022 durchgeführt. Zur Entwicklung des Interviewleitfadens erfolgte eine Literaturrecherche zu aktuellen Anwendungen und regulativen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen. Die Interviews wurden in Einzelgesprächen per Telefon oder Videokonferenz umgesetzt und mittels qualitativer Inhaltsanalyse unter Verwendung eines induktiven Ansatzes ausgewertet.

Ergebnisse: Die befragten Ärzt*innen (weiblich: n=2, männlich: n=5; Alter und Berufserfahrung im Durchschnitt: 59 bzw. 28 Jahre) befürworten digitale Anwendungen im Versorgungsalltag und schreiben diesen Potenzial zu. Die befragten Ärzt*innen haben die Videosprechstunde während der Covid-19-Pandemie eingeführt und im Praxisalltag genutzt. Die Ärzt*innen sagten, dass Videosprechstunden die Praxisorganisation erleichtern und Wartezeiten verkürzen. Sie gaben an, dass v.a. junge Patient*innen Videosprechstunden nachfragen. Allerdings sagten die Ärzt*innen auch, dass die aufwendige Implementierung der Videosprechstunde ein Problem dargestellt hat. Sie bemängelten den hohen zeitlichen Aufwand durch Schulungen für Personal sowie für die Patient*innen. Die Ärzt*innen sagten außerdem, dass eine Behandlung per Video länger dauert, als in der Praxis vor Ort und dass Videosprechstunden nur für wenige Behandlungssituationen geeignet seien. Die Mehrheit der befragten Ärzt*innen bevorzugt als nicht-direkten Kontakt mit Patient*innen, den telefonischen Kontakt (n=5). Ein Problem sei zudem die fehlende technische Ausstattung bei den Patient*innen. Einige Ärzt*innen berichteten, dass nur eine geringe (n=1) oder keine Nachfrage (n=3) nach Videosprechstunden von Seiten der Patient*innen gegeben ist. Zudem seien die monetären Anreize für die Nutzung der Videosprechstunde für die Ärzt*innen nicht ausreichend. Wirtschaftlich rechne sich diese daher nicht. Einzelne Ärzt*innen (n=2) haben die Videosprechstunde mittlerweile wieder abgeschafft.

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Die Covid-19-Pandemie hat bei den befragten Ärzt*innen das Bewusstsein für digitale Anwendungen, wie die Videosprechstunde, in der Gesundheitsversorgung geschärft und sie dazu veranlasst, diese in ihren Versorgungsalltag einzuführen. Allerdings überwiegt bei den befragten Ärzt*innen der für die Implementierung und Nutzung der Videosprechstunde notwendige Kosten- und Zeitaufwand deren Vorteile. Politische Entscheidungsträger*innen könnten aufgefordert sein, die regulatorischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen anzupassen, um den Einsatz digitaler Anwendungen in der Gesundheitsversorgung zu erleichtern.