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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Erfahrungen und Bedürfnisse hinsichtlich der sektorenübergreifenden Versorgung und Versorgungskoordination von Krebspatienten: Ergebnisse einer Patientenbefragung

Meeting Abstract

  • Laura Oestreich - Medizinische Klinik und Poliklinik III, LMU Klinikum München, Deutschland
  • Myrto Boukovala - SERVIER Deutschland GmbH, München, Deutschland
  • Theres Fey - Comprehensive Cancer Center (CCC München LMU), LMU Klinikum München, Deutschland
  • Volker Heinemann - Medizinische Klinik und Poliklinik III, LMU Klinikum München, Deutschland; Comprehensive Cancer Center (CCC München LMU), LMU Klinikum München, Deutschland
  • Jana Hinneburg - Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Deutschland
  • Vanessa Kratzer - Comprehensive Cancer Center (CCC München LMU), LMU Klinikum München, Deutschland
  • Julia Lühnen - Institut für Klinische Pflegewissenschaften, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Gliedkörperschaft der Freien Universität Berlin und Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland
  • Friederike Mumm - Medizinische Klinik und Poliklinik III, LMU Klinikum München, Deutschland; Comprehensive Cancer Center (CCC München LMU), LMU Klinikum München, Deutschland
  • Theresia Pichler - Medizinische Klinik und Poliklinik III, LMU Klinikum München, Deutschland; Comprehensive Cancer Center (CCC München LMU), LMU Klinikum München, Deutschland
  • Michael Schönberg - Patientenbeirat des Comprehensive Cancer Center München, Deutschland
  • Anna Patricia Schön - Medizinische Klinik und Poliklinik III, LMU Klinikum München, Deutschland
  • Anke Steckelberg - Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Deutschland
  • Michael von Bergwelt-Baildon - Medizinische Klinik und Poliklinik III, LMU Klinikum München, Deutschland
  • C. Benedikt Westphalen - Medizinische Klinik und Poliklinik III, LMU Klinikum München, Deutschland; Comprehensive Cancer Center (CCC München LMU), LMU Klinikum München, Deutschland
  • Sandro Zacher - Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Deutschland
  • Danmei Zhang - Medizinische Klinik und Poliklinik III, LMU Klinikum München, Deutschland
  • Karin Berger-Thürmel - Medizinische Klinik und Poliklinik III, LMU Klinikum München, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf108

doi: 10.3205/24dkvf108, urn:nbn:de:0183-24dkvf1084

Veröffentlicht: 10. September 2024

© 2024 Oestreich et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Versorgung von Krebspatienten erfordert einen multiprofessionellen, sektorenübergreifenden Ansatz sowie die enge Zusammenarbeit der beteiligten Akteure. Um die Versorgung in Zukunft patientenorientiert gestalten zu können, sind Informationen über die Erfahrungen und Bedürfnisse von Patienten hinsichtlich des Zugangs zum Gesundheitssystem und der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit erforderlich. Bisher ist in Deutschland jedoch wenig zu diesen Aspekten bekannt.

Zielsetzung: Ziel dieser Studie ist es, die Patientenperspektive hinsichtlich des Zugangs zur Versorgung, der Versorgungspfade und -koordination sowie des Informationsbedarfs zu untersuchen.

Methode: Die Beobachtungsstudie basiert auf einer anonymen Online-Umfrage bei Krebspatienten. Der Fragebogen wurde interdisziplinär anhand explorativer, semistrukturierter Patienteninterviews entwickelt und pilotiert. Umfragethemen sind Patienten- und Krankheitsmerkmale, Versorgungszugänge, Unterstützungsmaßnahmen, Informationsbedarfe und das Care Coordination Instrument (CCI). Die Verbreitung erfolgte von Februar bis Mai 2024 über Social-Media, Kliniken, Praxen, Apotheken, die Bayerische Krebsgesellschaft, die AOK Bayern und Selbsthilfegruppen in Bayern. Die Ergebnisse werden deskriptiv ausgewertet und t-Tests bei unabhängigen Stichproben durchgeführt.

Ergebnisse: An der Studie haben 1.225 Patienten teilgenommen: mittleres Alter 57,5 Jahre, 79,2% Frauen, 40,4% mit Brustkrebs und 23,3% mit seltenen Krebserkrankungen (sK) (5% Multiple Myelome, 3% Sarkome, 4% Lymphome). Zwischen dem Auftreten erster Symptome und dem ersten Arztbesuch vergingen im Median 42 Tage (d) (28,0% ≥ 100 d; sK 60 d, p=0,009), vom ersten Arztbesuch bis zur Diagnose 15 d (23,4% ≥ 60 d; sK 28 d, p=0,004) und von der Diagnose bis zur Behandlung 21 d (31,5% ≥ 30 d). 38,2% zögerten einen Arzt aufzusuchen, hauptsächlich da die Symptome sich nur langsam verschlechterten. Bis zum Behandlungsbeginn wurden im Mittel 2,3 niedergelassene Ärzte und 1,2 Krankenhäuser aufgesucht. 31,2% holten eine Zweitmeinung ein, meist vor Behandlungsbeginn, um sich über Behandlungsalternativen zu informieren. 79,5% nahmen Unterstützungsmaßnahmen wahr, davon 40,1% Psycho-Onkologie und 34,4% Physiotherapie. 57,7% wünschen sich mehr Informationen, hauptsächlich zur Behandlung, Nebenwirkungen und Nachsorge. Das CCI beträgt im Mittel 48,5 von 87, in der Dimensionen Kommunikation/Navigation 30,6 von 48 und in der Dimension interprofessionellen Navigation 25,5 von 51 (höhere Werte entsprechen einer besseren Koordination).

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Die Ergebnisse weisen auf einen Optimierungsbedarf der intersektoralen, interprofessionellen Versorgungskoordination hin. Optimierungsmöglichkeiten, die in weiterführenden Projekten erprobt und evaluiert werden sollten, sind z.B. digitale Anwendungen für Ärzte und Patienten zur niederschwelligen Kontaktaufnahme und zum zeitnahen behandlungsbezogenen Informationsaustausch, Schulungen zum Decision Coaching sowie die Etablierung von Lotsen. Die Informationsbedarfe der Patienten sollten in weiterführenden Analysen detaillierter, ggf. stratifiziert nach Subgruppen, elaboriert werden, um Plattformen zur Bereitstellung patientengerechter, wissenschaftlich fundierter und aktueller Informationen entwickeln und testen zu können.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; Fördernummer: 01NVF20012