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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Auswirkungen einer neoadjuvanten Strahlentherapie auf patient-reported Outcomes von Patient*innen mit Rektumkarzinom – prospektive Daten aus 120 zertifizierten Darmkrebszentren

Meeting Abstract

  • Nora Tabea Sibert - Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Berlin, Deutschland
  • Robert Siegel - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Deutschland
  • Stefan Rolf Benz - Kliniken Böblingen, Böblingen, Deutschland
  • Stefan Post - Universitätsklinik Mannheim, Deutschland
  • Thomas Seufferlein - Universitätsklinikum Ulm, Deutschland
  • Simone Wesselmann - Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Berlin, Deutschland
  • Christoph Kowalski - Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Berlin, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf107

doi: 10.3205/24dkvf107, urn:nbn:de:0183-24dkvf1071

Veröffentlicht: 10. September 2024

© 2024 Sibert et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Eine neoadjuvante Strahlentherapie bei Rektumkarzinom kann das lokale Wiederauftreten verringern, aber auch zu mehr funktionellen Beeinträchtigungen führen als eine alleinige Operation.

Zielsetzung: Unser Ziel war es, die Auswirkungen der neoadjuvanten Strahlentherapie auf die von den Patient*innen berichteten Ergebnisse (PROs) ein Jahr nach der Operation bei der kurativen Rektumkarzinom-Behandlung prospektiv zu untersuchen.

Methode: Analyse einer prospektiven Kohorte von Patient*innen mit Rektumkarzinom, die zwischen 2018 und 2022 an 127 deutschen Darmkrebszentren behandelt wurden. Die Patienten füllten die Fragebögen EORTC QLQ-C30 und -CR29 (PROs) vor und 12 Monate nach der Rektumkarzinom-Operation aus (skaliert zwischen 0 und 100). Die PROs-Daten wurden zusammen mit soziodemografischen Informationen mit den klinischen Daten verknüpft. Die Auswirkungen der neoadjuvanten Strahlentherapie auf ausgewählte PROs (Lebensqualität, Harninkontinenz, Stuhlinkontinenz bei Patient*innen ohne Stoma, Dyspareunie bei Frauen, Impotenz bei Männern) 12 Monate nach Operation wurden mit Hilfe von tobit-Regressionsmodellen geschätzt. Zusätzlich wurden Modelle berechnet stratifiziert nach Lokalisation des Rektumkarzinoms (unteres und mittleres Drittel sowie oberes Drittel). Um relevante Confounder zu identifizieren, wurden gerichtete azyklische Graphen (DAGs) verwendet.

Ergebnisse: Von 1.635 Patient*innen mit Rektumkarzinom, bei denen sowohl zu vor als auch 12 Monate nach Operation PROs vorlagen, erhielten 501 (31%) eine neoadjuvante Strahlentherapie. 12 Monate nach Operation berichteten Patient*innen, die nur operiert wurden, über bessere Werte für Lebensqualität, Harninkontinenz, Stuhlinkontinenz, Dyspareunie und Impotenz im Vergleich zu Patient*innen, die eine neoadjuvante Strahlentherapie erhielten. Die statistisch signifikanten Effektschätzer lagen zwischen 33,20 (p < 0,001, R2 = 0,19) für Impotenz und 39,01 (p = 0,001, R2 = 0,10) für Dyspareunie (komplette Modelle). Die stratifizierten Modelle unterstreichen die Hauptergebnisse, wobei vor allem die Ergebnisse des Modells für das untere und mittlere Drittel mit diesen übereinstimmen. Für Lebensqualität und Harninkontinenz konnte in keinem der Modelle ein statistisch signifikanter Effekt gefunden werden.

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Eine Bestrahlung zusätzlich zur Operation wirkt sich bei Rektumkarzinompatient*innen ein Jahr nach Operation negativ auf die untersuchten PROs aus. Im Vergleich zur alleinigen Operation berichten die Patient*innen nach einer neoadjuvanten Strahlentherapie über eine deutlich schlechtere Stuhlkontinenz und Sexualfunktion. Diese Ergebnisse könnten gemeinsame Therapieentscheidung (i. S. des „shared decision makings“) erleichtern und die neoadjuvante Bestrahlung auf Patient*innen mit hohem Rezidivrisiko beschränken.