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(Selbstberichtete) Schmerzen bei palliativ behandelten Darmkrebspatient*innen ein Jahr nach der Diagnose – Ergebnisse aus der EDIUM-Studie
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Veröffentlicht: | 10. September 2024 |
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Hintergrund: Das kolorektale Karzinom ist mit jährlich 55.000 neuen Fällen die vierthäufigste Krebsart in Deutschland, wobei bei etwa 24% der Frauen und 26% der Männer das UICC-Stadium IV diagnostiziert wird [1]. Diese Diagnose geht in der Regel mit einer palliativen Behandlung einher. Die onkologische Palliativversorgung zielt darauf ab, die Lebensqualität durch sorgfältige Beurteilung und Behandlung der Symptome sowie anderer körperlicher und psychosozialer Probleme zu verbessern. Die onkologische S3-Leitlinie für Palliativmedizin sieht einen symptomspezifischen Behandlungsansatz vor, wobei Schmerzlinderung einen besonderen Stellenwert einnimmt [2], [3]. Studien berichten von Schmerzsymptomatik bei 40% bis 70% der Darmkrebspatient*innen [4], [5]. Es sind jedoch wenig Studien bekannt, die sich hierbei speziell auf palliative Darmkrebspatient*innen fokussieren.
Zielsetzung: Diese Auswertung hat das Ziel, zum Verständnis von Schmerzen und Schmerzverläufen bei palliativ behandelten Darmkrebspatient*innen beizutragen.
Methode: Die Analyse erfolgte im Rahmen der Beobachtungsstudie EDIUM, in der seit 2018 in aktuell 80 zertifizierten Darmkrebszentren Patient-Reported Outcomes von Patient*innen mit Darmkrebs erhoben werden. Studienpatient*innen füllen dabei vor Beginn der Behandlung (T0) und rund 12 Monate später (T1) einen Fragebogen zu Lebensqualität, Symptomen und Funktionen (EORTC QLQ-C30 und -CR29) aus. In dieser Analyse wurden Daten zu Schmerzen allgemein, Abdominalschmerzen und Schmerzen anal/rektal der palliativ behandelten Studienpatient*innen betrachtet und deskriptiv ausgewertet. Die betrachteten Outcomes können Werte zwischen 0 und 100 annehmen, wobei höhere Werte mehr Schmerzen bedeuten [6].
Ergebnisse: Insgesamt lagen Daten für n=150 palliativ behandelte Darmkrebspatient*innen für T0 und T1 vor. Bei n=85 lag ein Rektumkarzinom und bei n=65 ein Kolonkarzinom vor. Für Schmerz allgemein lag das arithmetische Mittel (SD) zu T0 bei 32 (32) für Kolon- und bei 27 (32) für Rektumkarzinompatient*innen. Ein Jahr später stieg der Mittelwert bei den Rektumkarzinompatient*innen an (T1: 34 (33)). Abdominalschmerz nahm beim Kolonkarzinom zu T1 ab (T0: 32 (33), T1: 25 (28)) und war beim Rektumkarzinom gleichbleibend (T0: 18 (27), T1: 19 (25)). Bei den Schmerzen anal/ rektal war ein Anstieg bei Kolonkarzinompatient*innen (T0: 10 (23), T1: 20 (29)) und ein Rückgang bei Rektumkarzinompatient*innen zu T1 (T0: 35 (36), T1: 25 (32)) zu verzeichnen. Vor Beginn der Therapie gaben n=19 Rektumkarzinompatient*innen an in der letzten Woche ziemlich starke Schmerzen gehabt zu haben. 12 Monate nach der Therapie waren es n=28 der Rektumkarzinompatient*innen. Während zu T0 jeweils n=24 der Kolonkarzinompatient*innen und Rektumkarzinompatient*innen angaben, dass ihre Schmerzen sie bei täglichen Aktivitäten mehr als nur ein wenig beeinträchtigten, waren es zu T1 n=29 der Kolon- und n=42 der Rektumkarzinompatient*innen.
Implikation für Forschung und (Versorgungs-)Praxis: Die Ergebnisse zeigen, dass Schmerzen für palliativ behandelte Patient*innen rund ein Jahr nach Beginn der Behandlung äußerst relevante Symptome darstellten. Da diese Studienpopulation palliativmedizinisch betreut wurde, sollte die Symptomlinderung, einschließlich Schmerzen, genauer überwacht werden, um eine angemessene Versorgung zu gewährleisten und die Lebensqualität von Patient*innen mit Krebs in höheren Stadien zu verbessern.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; Projektname: EDIUM; Fördernummer: 01VSF17040
Literatur
- 1.
- Robert Koch-Institut. Krebs in Deutschland für 2019/2020. 2023 [cited 2024 Feb 14]. Available from: https://edoc.rki.de/handle/176904/11438
- 2.
- Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF). Erweiterte S3 Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung. Langversion 2.2. AWMF-Registernummer: 128/001OL. 2020.
- 3.
- Drury A, Payne S, Brady AM. The cost of survival: an exploration of colorectal cancer survivors' experiences of pain. Acta Oncol. 2017 Feb;56(2):205-21. DOI: 10.1080/0284186X.2016
- 4.
- Zielinska A, Wlodarczyk M, Makaro A, Salaga M, Fichna J. Management of pain in colorectal cancer patients. Crit Rev Oncol Hematol. 2021 Jan;157:103122. doi: 10.1016/j.critrevonc.2020.103122
- 5.
- Kowalski C, Sibert NT, Breidenbach C, Hagemeier A, Roth R, Seufferlein T, Benz S, Post S, Siegel R, Wiegering A, Winkels R, Bieck-Messemer S, Fahlke J, Reissfelder C, Fuchs M, Herzog T, Weihrauch R, Faber-Mertens J, Rudolph H, Puskás L, Kohlhaw K, Szczerbinska M, Scheuerlein H, Neumann PA, Hollerbach S, Riechmann M, Kolbe EW, Weigert N, Köninger J, Klink C, Mussa S, Horn AK, Staib L, Werner J, Jähne J, Aly M, Mörk H, Grützmann R, Piso P, Dieng S, Wesselmann S. Outcome Quality After Colorectal Cancer Resection in Certified Colorectal Cancer Centers—Patient-Reported and Short-Term Clinical Outcomes. Dtsch Arztebl Int. 2022 Dec 2;119(48):821–8. DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0325