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Ein Modell zur interprofessionellen Arbeit im Krankenhaus
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Veröffentlicht: | 10. September 2024 |
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Hintergrund: Die interprofessionelle Zusammenarbeit (IPZ) gilt als Schlüsselfaktor für Qualität und Sicherheit in der Patientenversorgung – eine Erkenntnis, die unter anderem durch die WHO und ihr 2010 veröffentlichtes „Framework for Action on Interprofessional Education and Collaborative Practice“ [1] nachdrücklich betont wird. IPZ findet in vielen Ebenen und Settings statt, dementsprechend divers ist die Auswahl an Frameworks und Modellen, welche die IPZ beschreiben [2]. Ein Mangel diesbezüglich besteht unter anderem auf Ebene der Teams und deren Individuen innerhalb von Krankenhäusern.
Zielsetzung: Die vorliegende Arbeit trägt mit einem Modellentwurf, der auf empirischen Daten und bewährten Konzepten basiert, zur Schließung der eben beschriebenen Forschungslücke bei. Im Fokus steht dabei die Zusammenarbeit zwischen Ärzt:innen und Pflegekräften und die Frage, wie die IPZ im Krankenhaus charakterisiert ist, weshalb diese überhaupt zu Stande kommt und unter welchen Bedingungen sie als gelungen erachtet werden kann.
Methode: Die Datengrundlage bilden Primärdaten, welche im Zuge qualitativer Erhebungen in drei Krankenhäusern einer deutschen Klinik der Maximalversorgung gesammelt wurden. Die Erhebungen erstreckten sich über 17 Interviews und 201 Stunden an teilnehmenden Beobachtungen auf jeweils einer Station der drei Krankenhäuser. Das Teilnehmerfeld setzte sich aus Ärzt:innen, Therapeut:innen, Stationsassistent:innen und Stationsleitungen zusammen. Sampling, Erhebung und Auswertung wurden gemäß des Forschungsstils der Grounded Theory durchgeführt. Die Modellentwicklung erfolgte größtenteils induktiv, vereinzelt erfolgte der Rückgriff auf etablierte Konzepte. In die Erhebungen und Auswertungen waren insgesamt vier Forschende kollaborativ involviert.
Ergebnisse: Die Daten zeigen, dass das Maß an interprofessioneller Zusammenarbeit (IPZ) wesentlich von der Eigeninitiative der Individuen abhängt, ohne dass ein übergeordnetes, standardisiertes Rollenverständnis das Verhalten der Individuen determiniert. IPZ geschieht hauptsächlich zum Wissens- und Kompetenzaustausch und findet mehrheitlich in Form von Dyaden zweier Individuen, also nicht zwischen ganzen Gruppen statt. Mitentscheidend sind dabei diverse Kontextfaktoren wie z.B. örtliche Gegebenheiten. Werden interprofessionelle Dyaden gepflegt, bildet sich ein transaktives Wissenssystem heraus, das gegenseitige Rollen-Bewusstsein steigt, Patienteninformationen werden zielführender kommuniziert, gegenseitiges Vertrauen steigt und infolgedessen kann sich eine effiziente IPZ in Form eines Gleichgewichts aus Interaktionen und Routinen herausbilden.
Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Zur Verbesserung der IPZ im Krankenhaus sollte gemäß dem dargelegten Modell auf individueller Ebene angesetzt werden. Zusätzlich kann über Kontextfaktoren wie der Anpassung örtlicher Gegebenheiten oder der Förderung der psychologischen Sicherheit unterstützend eingewirkt werden.
Förderung: Sonstige Förderung; Projektname: Elektronische Patientenakte (EPA) und ihre Auswirkungen auf soziale Aspekte der interprofessionellen Zusammenarbeit und der klinischen Arbeitsabläufe in Krankenhäusern; Fördernummer: 01GP1906A
Literatur
- 1.
- World Health Organization. Framework for action on interprofessional education and collaborative practice (No. WHO/HRH/HPN/10.3). World Health Organization; 2010.
- 2.
- McNaughton SM, Flood B, Morgan CJ, Saravanakumar P. Existing models of interprofessional collaborative practice in primary healthcare: a scoping review. J Interprof Care. 2021 Nov-Dec;35(6):940-52. DOI: 10.1080/13561820.2020.1830048