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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Barrieren für Leistungserbringer zur Teilnahme an einer berufsgruppenübergreifenden Versorgung von Patienten mit komplexem psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf (KSVPsych-Richtlinie)

Meeting Abstract

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  • Melina Haack - Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Düsseldorf, Deutschland
  • Johannes Pollmanns - Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Düsseldorf, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf030

doi: 10.3205/24dkvf030, urn:nbn:de:0183-24dkvf0303

Veröffentlicht: 10. September 2024

© 2024 Haack et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Der Sachverständigenrat Gesundheit & Pflege konstatierte in seinem Gutachten von 2018 eine mangelnde Koordination und Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitssektoren und Fachkräften bei der Behandlung psychischer Erkrankungen. Patienten werden oftmals nicht im Rahmen spezialisierter psychiatrischer oder psychotherapeutischer Versorgung behandelt. Seit dem 01.10.2022 ist die Teilnahme an einer berufsgruppenübergreifenden, koordinierten und strukturierten neuen Versorgungsform für schwer psychisch Erkrankte möglich, welche vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in einer eigenen Richtlinie (KSVPsych-Richtlinie) festgeschrieben wurde. Hiernach können sich verschiedene Behandler zu einem Netzverbund zur gemeinsamen Behandlung der Patienten zusammenschließen.

Zielsetzung: Ziel der vorliegenden Analyse ist es, Barrieren für Behandler zur Teilnahme an Netzverbünden nach der KSVPsych-Richtlinie zu identifizieren. Da für teilnehmende Ärzte und Psychotherapeuten ein voller Versorgungsauftrag Voraussetzung ist, um eine steuernde Funktion für die Behandlung eines Patienten zu übernehmen (Bezugsarzt/-psychotherapeut), wird vermutet, dass ein fehlender voller Versorgungsauftrag eine wichtige Barriere darstellt.

Methode: Im Rahmen der Prozessevaluation zur Umsetzung der KSVPsych-Richtlinie in Nordrhein wurden potentielle Behandler (N=2477) in Nordrhein querschnittlich zu ihren Erfahrungen und Einstellungen zur Richtlinienversorgung befragt. Hierzu wurde im November 2023 eine Einladung zu einer digitalen, standardisierten Befragung an Fachgruppen, die an einem Netzverbund als Behandler teilnehmen oder teilnehmen könnten, verschickt, eine Erinnerung erfolgte zwei Wochen nach der Einladung. Die Ergebnisse wurden deskriptiv analysiert.

Ergebnisse: 358 Personen haben die Befragung beendet, hiervon waren ca. 73% Psychologische Psychotherapeuten. Nur 1/3 der Befragungsteilnehmer (n=118) verfügte über einen vollen Versorgungsauftrag. 80% der Befragungsteilnehmer (n=286) war die KSVPsych-RL bekannt, von diesen hatten sich aber erst 18 Befragungsteilnehmer einem Netzverbund angeschlossen. Von den 268 Befragten mit Kenntnis und ohne bisherige Teilnahme planen 90% (n=242) auch nicht, in absehbarer Zeit einem Netzverbund beizutreten. Gründe für die Nichtteilnahme waren unter diesen Personen vor allem (Mehrfachnennung möglich): „Keine zeitlichen Kapazitäten“ (149 Nennungen), „Bürokratischer Aufwand zu hoch“ (144 Nennungen) und „Kein voller Versorgungsauftrag“ (108 Nennungen).

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Der Bekanntheitsgrad der KSVPsych-Richtlinie ist hoch, eine Bereitschaft zur Teilnahme aber in vielen Fällen nicht gegeben. Die Attraktivität der Richtlinienversorgung könnte durch geringere formale Aufwände und eine Ausweitung der Bezugsrolle auch auf halbe Versorgungsaufträge gesteigert werden. Die Generalisierbarkeit der nordrheinischen Ergebnisse auf ganz Deutschland könnte eingeschränkt sein, da in Nordrhein vor Etablierung der KSVPsych-Richtlinie bereits das Innovationsfondsprojekt NPPV mit vergleichbaren Netzwerken durchgeführt wurde und die Behandler daher Vorerfahrungen haben können.