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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Welche Effekte hat eine onkologische Rehabilitation auf die Erwerbs- und Pflegeprognose?

Meeting Abstract

  • Silke Jankowiak - Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm (IFR Ulm), Bad Buchau, Deutschland
  • Rainer Kaluscha - Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm (IFR Ulm), Bad Buchau, Deutschland
  • Lena Tepohl - Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm (IFR Ulm), Bad Buchau, Deutschland
  • Thomas Widmann - Asklepios Klinik Triberg, Triberg, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf567

doi: 10.3205/23dkvf567, urn:nbn:de:0183-23dkvf5676

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Jankowiak et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Eine Krebserkrankung und ihre Behandlung gehen mit zahlreichen physischen und psychosozialen Belastungen sowie vielfältigen schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen einher. Eine onkologische Rehabilitation kann die Genesung unterstützen. Jedoch nehmen lediglich rund ein Drittel der Betroffenen eine onkologische Rehabilitation in Anspruch.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Die Studie ging der Frage nach, ob negative Auswirkungen auf die berufliche und soziale Teilhabe zu befürchten sind, wenn eine Rehabilitation ausbleibt.

Methode: Anhand von Sekundärdaten der AOK Baden-Württemberg, die auf Einzelfallebene mit Sekundärdaten der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg und Bund mittels Pseudonyme verknüpft wurden, erfolgte ein multivariater Vergleich von Rehabilitanden und Nicht-Rehabilitanden. Dabei wurde zum einen der Bezug von Pflegeleistungen im 12. und/oder 24. Monat nach der Primärtherapie untersucht. Zum anderen wurden bei Personen im erwerbsfähigen Alter die Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) im Folgejahr der Primärtherapie sowie der Bezug einer Erwerbsminderungs- (EM) bzw. Berufsunfähigkeitsrente (BU) im 12. und/oder 24. Monat nach der Primärtherapie betrachtet.

Ergebnisse: Von insgesamt 41.325 Versicherten wiesen 22,25% Darmkrebs, 38,82% Brustkrebs und 38,93% Prostatakrebs auf. Indikationsübergreifend nahm ein Drittel der Betroffenen eine Rehabilitation in Anspruch. Auch unter Berücksichtigung, dass Rehabilitanden während der dreiwöchigen Rehabilitation üblicherweise krankgeschrieben sind, war die AU-Dauer indikationsübergreifend bei Rehabilitanden um bis zu einem Monat länger als bei Nicht-Rehabilitanden. Indikationsübergreifend war die Wahrscheinlichkeit für eine EM-/BU-Rente bei Nicht-Rehabilitanden um rund 70% geringer als bei Rehabilitanden. Die Wahrscheinlichkeit für Pflege war indikationsübergreifend bei Nicht-Rehabilitanden auch unter Berücksichtigung einer vorbestehenden Pflegestufe höher als bei Rehabilitanden.

Diskussion: Die ungünstigere Erwerbssituation bei Rehabilitanden kann womöglich durch bereits vorbestehende erhebliche Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit bedingt worden sein, denn diese sind ein wesentliches Zuweisungskriterium für eine Rehabilitation. Anhand der Daten lässt sich dies jedoch nicht abschließend klären. Zudem bedarf es angesichts meist befristeter EM-Renten einer längeren Nachbeobachtung. Die geringere Pflegewahrscheinlichkeit bei Rehabilitanden bedeutet nicht nur einen relevanten individuellen Zugewinn an Selbständigkeit und Lebensqualität, sondern stellt auch einen erheblichen Nutzen für die Solidargemeinschaft (Vermeidung von Pflegekosten) sowie angesichts des Pflegenotstands eine geringere Belastung für das Pflegesystem dar.

Implikation für die Versorgung: Zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit bei Krebsbetroffenen ist die bedarfsgerechte Inanspruchnahme onkologischer Rehabilitationen in den Fokus zu rücken.

Förderung: Einzelförderung (BMG, DRV, BMBF, DFG, etc); DRV-BW-ONKO