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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

15 Jahre Hausarztzentrierte Versorgung in Baden-Württemberg: Wie profitieren die Patienten?

Meeting Abstract

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  • Gunter Laux - Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • Michel Wensing - Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • Joachim Szecsenyi - Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf545

doi: 10.3205/23dkvf545, urn:nbn:de:0183-23dkvf5458

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Laux et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: In Baden-Württemberg existiert seit 2008 der Vertrag zur „Hausarztzentrierten Versorgung“ (HZV) nach § 73b SGB V mit dem Ziel einer flächendeckenden Vollversorgung. Die Teilnahme an der HZV ist für Versicherte sowie die versorgenden Hausärzte freiwillig. Versicherte verpflichten sich im Rahmen der Verträge zur HZV nach § 73b SGB V dazu, die fachärztliche Versorgung erst nach Vermittlung durch den Hausarzt in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus zielen bestimmte Weiterbildungsmaßnahmen, insbesondere die HZV-Qualitätszirkel für Hausärzte und deren Praxisteams, darauf ab, die Funktion des Hausarztes im Versorgungssystem qualitativ und quantitativ zu stärken und damit die Versorgungsqualität für die Versicherten insgesamt zu verbessern.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Nach 15 Jahren HZV stellt sich die Frage, inwieweit die durch die Intervention intendierten Ziele tatsächlich erreicht wurden. Die Fragestellung wird auf der Basis eines vor Beginn der Intervention definierten Basisindikatorensets beantwortet. Die Indikatoren messen die Inanspruchnahme im ambulanten und stationären Versorgungssektor, die Qualität Pharmakotherapie sowie die Versorgungskosten insgesamt. Außerdem wurde die Versorgungskontinuität beim Hausarzt durch etablierte Indikatoren untersucht.

Methode: Die Daten von über 4 Mio. Versicherten der AOK Baden-Württemberg wurden vergleichend (HZV-Versicherte vs. nicht-HZV-Versicherte) längs- und querschnittlich sowohl deskriptiv als auch regressionsanalytisch untersucht. Bei den Analysen war es wichtig, zum einen für relevante Kovariablen (darunter Patientenalter, -geschlecht und -morbidität) zu adjustieren. Zum anderen war es wichtig, die vorherrschende 3-Ebenen-Struktur (Patienten bei Hausärzten und Hausärzte in Praxen) und den dadurch entstehenden Designeffekt in den jeweiligen Modellen zu berücksichtigen.

Ergebnisse: Sowohl längs- als auch querschnittlich zeigten sich für die betrachteten Basiszielgrößen und Indikatoren beinahe ausnahmslos Vorteile zu Gunsten der HZV-Versicherten. Beispielsweise war die Rate der potentiell vermeidbaren Krankenhauseinweisungen in der HZV-Gruppe im Jahr 2020 im 3,91% geringer, p<0,0001. Betrachtet man die Versorgungskontinuität beim Hausarzt, so zeigte sich, dass die Vorteile in einer Pandemiephase (COVID-19, 2020) im Vergleich zur Vorpandemiephase (2019) bestehen blieben, in sich in Teilen sogar verbesserten (SECON-Index: 2019, HZV vs. Nicht-HZV: +22,38%; 2020, HZV vs. Nicht-HZV: +25,55%; p<0,0001).

Diskussion: Die Stärken und Limitationen der Evaluation werden kritisch diskutiert.

Implikation für die Versorgung: Wenngleich aufgrund des Studientyps kein tatsächlicher Anspruch auf die Aufdeckung kausaler Zusammenhänge erhoben werden kann, deuten die Ergebnisse in die Richtung, dass durch geeignete Interventionen im primärärztlichen Versorgungssektor auf Zielgrößen des ambulanten und stationären Versorgungssektors sowie auf die Versorgungskontinuität haben können.

Förderung: Sonstige Förderung; ohne