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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Evaluation der Hausarztzentrierten Versorgung in Baden-Württemberg: Resilienz in der Versorgung von Patienten/innen mit chronischen Erkrankungen während der COVID-19-Pandemie sowie nachhaltige Qualitätsentwicklung über 15 Jahre

Meeting Abstract

  • Kateryna Karimova - Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Catriona Friedmacher - Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Dorothea Lemke - Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Anastasiya Glushan - Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Ferdinand Gerlach - Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf544

doi: 10.3205/23dkvf544, urn:nbn:de:0183-23dkvf5446

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Karimova et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Die Hausarztzentrierte Versorgung (HZV) in BaWü feiert dieses Jahr 15-jähriges Jubiläum. Die HZV-BaWü gehört deutschlandweit zu den umfangreichsten koordinierten und strukturierten Versorgungsmodellen und wird seit 2010 von unabhängigen wissenschaftlichen Instituten kontinuierlich evaluiert (1–5). Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen zeigen Qualitätsvorteile in der Versorgung zugunsten der HZV (6–10).

Fragestellung und Zielsetzung:

1.
Wie wirkt sich die COVID-19-Pandemie auf die bestehenden Unterschiede zwischen Regelversorgung und HZV aus.
2.
Haben die Qualitätsvorteile der HZV ein Plateau erreicht?

Hypothese: Ein strukturiertes und koordiniertes Versorgungsmodell hat in der Pandemie-Zeit bessere Chancen sich an die schwierigen Bedingungen anzupassen und somit die Kontinuität der Versorgung beizubehalten.

Methode: Longitudinale Studie basierend auf den Abrechnungsdaten der AOK BaWü:

1.
Monitoring von Chronikern/innen (KHK, HI, COPD, DM, Asthma) während der COVID19-Pandemie zu 4 Messpunkten: 2019 (1. Halbjahr/Kontrolle) vs. 2020 (1. Halbjahr/I.-Welle); 2019 (2. Halbjahr/Kontrolle) vs. 2020 (2. Halbjahr/II.-Welle).
2.
Longitudinale Studie zur Komplikationsentwicklung bei DM-Patienten über 10 Jahre (2011–2020).

Verglichen wurden die Patienten/innen in der HZV mit RV-Patienten/innen.

Ergebnisse:

1.
In der Monitoring-Studie während der COVID19-Pandemie beobachten wir konsistent höhere kohortenspezifische Kontakte beim HA als in der RV, wo die HA-Kontakte bzw. die Kontinuität stark gesunken sind (weltweite Tendenz). Auch die klinischen Endpunkte wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Amputation und/oder Erblindung sind in der HZV seltener zu beobachten als in der RV.
2.
In der Komplikationsentwicklungsstudie über 10 Jahre bei DM-Patienten/innen beobachten wir ein kontinuierlich niedrigeres Risiko für das Erreichen harter Endpunkte in der HZV.

Diskussion:

1.
HZV-Praxen scheinen sich besser an Pandemiebedingungen anpassen und die Praxisstruktur flexibler umstellen zu können (große Praxen, mehr Gemeinschaftspraxen, mehr Versorgungsassistenten/innen (11). Während der Pandemie waren HZV-Praxen häufiger als COVID19-Schwerpunktpraxen tätig.
2.
Die HZV zeigt über 10 Jahre stärkere protektive Effekte bei Amputationen, HI und KHK gegenüber DMP-DM. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die HZV mit darauf aufbauenden Selektivverträgen eine breitere Versorgung von Chronikern/innen anbieten kann als die Regelversorgung (12, 13).

Implikation für die Versorgung:

1.
HZV unter Pandemiebedingungen zeigte bessere Kontinuität der Versorgung als RV. Das deutet darauf hin, dass die HZV resilienter ist als die RV.
2.
HZV ist kein klassisches Pay-4-Performace-System, sondern ein nachhaltiges Versorgungskonzept, das über 15 Jahre eine nachhaltige Qualitätsentwicklung aufweist.

Quellen bei Autor:innen erhältlich.

Förderung: Sonstige Förderung; AOK BaWü