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Ergebnisse einer prospektiven Evaluationsstudie zum Einsatz von Webcams auf neonatologischen Intensivstationen (Neo-CamCare)
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Veröffentlicht: | 2. Oktober 2023 |
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Hintergrund und Stand der Forschung: Wenn Eltern von Frühgeborenen nicht bei ihrem Kind im Krankenhaus anwesend sein können, ermöglicht der Einsatz von Webcams, dass Eltern ihre Kinder dennoch sehen können. Diese werden bisher aber nur vereinzelt auf neonatologischen Intensivstationen (NICUs) eingesetzt. Im Rahmen der multizentrischen, multiperspektivischen Interventionsstudie Studie Neo-CamCare wurden Webcams in vier NICUs implementiert und evaluiert.
Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Folgende Fragen stehen im Fokus der Studie: Kann der Einsatz von Webcams a) die psychische Belastung der Eltern reduzieren, b) die empfundene Eltern-Kind-Beziehung positiv beeinflussen und c) das Vertrauen der Eltern in die Versorgung der Kinder steigern?
Methode: In einer prospektiven Studie wurden Eltern von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1.500 Gramm auf vier deutschen NICUs eingeschlossen. Im Sinne eines Crossover-Designs durchliefen alle Eltern einen Zeitraum von jeweils 4 Wochen mit und ohne Webcam. Die Reihenfolge der Zeiträume wurde randomisiert zugeteilt. Die Eltern wurden 2, 4, 6 und 8 Wochen nach Studienbeginn postalisch befragt. Die psychische Belastung der Eltern wurde mit Hilfe der Edinburgh Postnatal Depression Scale (EPDS) und der Parental Stressor Scale (PSS:NICU) ermittelt. Für die Messung der Eltern-Kind-Beziehung wurde der Postpartum Bonding Questionnaire (PBQ) verwendet. Das Vertrauen der Eltern in die Versorgung der Kinder wurde durch die Skalen Vertrauen in Pflegekräfte und Vertrauen in Ärzte erhoben. Die Auswertung erfolgt für Mütter und Väter/Partner:innen getrennt.
Ergebnisse: Insgesamt nahmen 220 Elternpaare und 20 alleinerziehende Mütter an der Studie teil. Zum ersten Befragungszeitpunkt (2 Wochen nach Studienbeginn) wurden weder für die elterliche Belastung und die Eltern-Kind-Bindung noch für das Vertrauen signifikante Unterschiede in Abhängigkeit von der Webcamverfügbarkeit (mit Webcam vs. ohne Webcam) festgestellt. So lagen z.B. die Mittelwerte der Mütter sowohl in der Gruppe mit (M = 11,5; SD = 5,5, n = 151) als auch in der Gruppe ohne Webcam (M = 12,5; SD = 5,9, n = 119) über dem Cut-Off-Wert der EPDS (9,5) für depressive Auffälligkeiten.
Diskussion: Die elterliche Belastung, die Eltern-Kind-Beziehung und das Vertrauen in das medizinische Personal unterscheiden sich zum ersten Befragungszeitpunkt nicht zwischen den Gruppen mit und ohne Webcamverfügbarkeit. Die prospektive Auswertung der Daten über den gesamten achtwöchigen Beobachtungszeitraum unter Berücksichtigung des Cross-over-Designs wird Aufschluss über die langfristige Wirkung der Webcams geben. Diese Ergebnisse werden zum Zeitpunkt des DKFVs 2023 vorliegen.
Implikation für die Versorgung: Die Ergebnisse dieser prospektiven Studie evaluieren den Nutzen der Webcams für das elterliche Wohlbefinden und können so zu einer individuelleren Versorgung der Eltern beitragen. Empfehlungen für eine vorteilhafte Anwendung von Webcams werden auf Grundlage der inferenzstatistischen Analysen abgeleitet.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF18037