gms | German Medical Science

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

COVID-19 Impfung & Impfzögerlichkeit: Effekt einer interaktiven Risiko-Simulation versus einer konventionellen Textinformation auf Impfintention und Nutzen-Schaden-Bewertung während der Omikron-Welle

Meeting Abstract

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  • Odette Wegwarth - Charité – Universitätsmedizin, Heisenberg Professur für medizinische Risikokompetenz & evidenzbasiertes Entscheiden, CharitéCentrum für Anästhesiologie & Intensivmedizin, Berlin, Deutschland
  • Ulrich Mansmann - Ludwig-Maximillians-Universität München, Institute für medizinische Informatiosnverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie, München, Deutschland
  • Martin Scherer - Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf UKE, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf474

doi: 10.3205/23dkvf474, urn:nbn:de:0183-23dkvf4742

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Wegwarth et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Impfzögerlichkeit bei der COVID-19-Impfung kann als ein Faktor maßgeblich zur Überforderung des Gesundheitssystems beitragen. Im Gegensatz zu Impfgegnern zeichnen sich Impfzögerliche durch ein hohes Informationsbedürfnis zur Nutzen-Schaden-Ratio aus und sind somit für Argumente hinsichtlich ihrer Impfentscheidung offen. Erkenntnisse aus der Kognitionswissenschaft weisen darauf hin, dass interaktive Risiko-Simulationen, die die Art imitieren, wie Menschen Risikoinformationen in ihrem Alltag erleben, wirksamer helfen können, eine angemessene Risikowahrnehmung zu entwickeln und eine Verhaltensänderung einzuleiten als herkömmliche Textformate.

Design, Setting und Teilnehmer: Explorative Querschnittsstudie, die im April und Mai 2022 online mit 1.255 COVID-19-ungeimpften und explizit erklärten Impfzögerlichen (660 Frauen [52,6%]; mittleres [SD] Alter, 43,6 [13,5] Jahre) aus Deutschland durchgeführt wurde. Die Teilnehmer*innen wurden zufällig entweder einer textbasierten Beschreibung (n = 651) oder einer interaktiven Simulation (n = 604) zugeteilt, die adjustiert für vier verschiedene Altersgruppen die absoluten Risiken einer Infektion, eines Krankenhausaufenthalts, einer Einweisung auf die Intensivstation und des Todes nach einer Exposition mit dem Coronavirus für geimpfte und ungeimpfte Personen im Verhältnis zu den möglichen unerwünschten Nebenwirkungen der Impfung dargestellte.

Primäre Endpunkte: Positive Veränderung der Impfintention und der Nutzen-Schaden-Bewertung (beides gemessen auf einer 5-Punkt-Skala).

Ergebnisse: Im Vergleich zum textbasierten Format führte die Simulation bei mehr Teilnehmer*innen zur positiven Veränderung der Impfintention (19,5% gegenüber 15,3%; absolute Differenz: 4,2%; adjustierte Odds Ratio [aOR] 1,45; 95% CI 1,07-1,96; P = 0,01) und der Nutzen-Schaden-Bewertung (32,6% gegenüber 18,0%; absolute Differenz: 14,6%; aOR 2,14; 95% CI 1,64-2,80; P < 0,001). Angehörige von Gesundheitsberufen, die einer gesetzlichen Impfpflicht unterlagen, zeigten im Vergleich zu den anderen Befragten nach den Interventionen fast doppelt so häufig eine positive Veränderung in der Nutzen-Schaden-Bewertung (OR 1,53; 95% CI 1,02-2,36; P = 0,04), aber nur halb so häufig eine positive Veränderung in der Impfabsicht (OR 0,47; 95% CI 0,25-0,90; P = 0,01).

Schlussfolgerung: Unsere Studie legt nahe, dass interaktive Risiko-Simulationen häufiger zu positiven Veränderungen der COVID-19-Impfabsicht und der Nutzen-Schaden-Bewertung führen als herkömmliche textbasierte Informationsformate. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine interaktive Risikokommunikation ein wichtiges Instrument sein kann, um Impfzögerlichkeit zu begegnen und das Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; VSF1_2021-194