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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Evaluation einer standardisierten Ersteinschätzung in der ambulanten Notfallversorgung anhand von GKV-Routinedaten – Ergebnisse aus dem Projekt DEMAND

Meeting Abstract

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  • Thorsten Pollmann - aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Deutschland
  • Thomas Grobe - aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Deutschland
  • Tobias Herrmann - aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf461

doi: 10.3205/23dkvf461, urn:nbn:de:0183-23dkvf4615

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Pollmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Mit dem Ziel einer bedarfsgerechten Steuerung von Patientinnen und Patienten im Bereich der (ambulanten) Notfallversorgung, erfolgte im Rahmen des Innovationsfondsprojektes DEMAND (Förderkennzeichen 01VSF17019, Laufzeit 01.05.18 bis 30.04.22) die Implementierung und Evaluation eines Ersteinschätzungsverfahrens inklusive eines webbasierten Tools (SmED - Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland). Modellstandorte im Interventionsjahr 2020 waren zwölf Notdienstpraxen bzw. „gemeinsame Tresen“ sowie die Leitstellen der Rufnummer 116117 in insgesamt elf Kassenärztlichen Vereinigungen.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Die leitende Hypothese des Projektes ging davon aus, dass das Ersteinschätzungsverfahren zu einer Entlastung der Notaufnahmen der Krankenhäuser führt (primärer Endpunkt). Im Sinne der Patientensicherheit wurde zudem überprüft, ob eine erhöhte Sterblichkeit während der Intervention ausgeschlossen werden kann (sekundärer Endpunkt).

Methode: Im Rahmen eines ökologischen Studiendesigns wurden die Routinedaten (gemäß § 284, § 295 und § 301 SGB V) von vier Ersatzkassen und acht Allgemeinen Ortskrankenkassen für den Zeitraum 2016 bis 2020 ausgewertet. Der primäre Endpunkt wurde quantifiziert anhand von ambulanten Notfallkontakten in Krankenhäusern pro 100.000 Versicherte. Der sekundäre Endpunkt bestand in der Anzahl an Verstorbenen pro 100.000 Versicherte. Die Modellierung der primären und sekundären Interventionseffekte erfolgte mit einer Mehrebenenanalyse für Paneldaten (fixed-effects regression model) auf der aggregierten Ebene von Kalenderwochen (Level 1) und Kreisen (Level 2). In die jeweiligen Modelle wurden neben den SmED-Assessments pro 100.000 Einwohnern bei der 116117 sowie am gemeinsamen Tresen verschiedene Kontrollfaktoren (u.a. zur Soziodemografie und COVID-19) zur Effektadjustierung aufgenommen.

Ergebnisse: Bei der Modellierung des primären Endpunktes wiesen sowohl die SmED-Assessments bei der 116117 [Coef.=-0,109; 95% CI: -0,143, -0,076] als auch die SmED-Assessments am gemeinsamen Tresen [Coef.=-0,390; 95% CI: -0,523, -0,257] einen signifikant negativen Zusammenhang zu den ambulanten Notfallkontakten im Krankenhaus auf. Bezüglich des sekundären Endpunktes ergab die Modellierung, dass die SmED-Anwendung sowohl bei der 116117 [Coef.= -0,042; 95% CI: -0,051, -0,033] als auch tendenziell am gemeinsamen Tresen [Coef.=-0,033; 95% CI: -0,070, 0,004] negativ mit den Sterbefällen assoziiert war.

Diskussion: Die im DEMAND-Projekt durchgeführte Routinedatenevaluation lieferte Evidenz für die Richtigkeit der leitenden Hypothese, dass die Implementierung des Ersteinschätzungsverfahrens zu einer Entlastung der Notaufnahmen der Krankenhäuser führt. Zudem lassen die Ergebnisse zur Mortalität auf einen schützenden Effekt der Intervention schließen.

Implikation für die Versorgung: Die Ergebnisse der Studie legen eine Empfehlung für die Umsetzung der strukturierten Ersteinschätzung in der Regelversorgung nahe.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF17019