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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Schnelle Identifizierung von Notfällen in der telefonischen Warteschleife und Routing in einen fast track (FAST)

Meeting Abstract

  • Sarah Eichler - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Berlin, Deutschland
  • Sebastian Carnarius - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Berlin, Deutschland
  • Lars E. Kroll - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Berlin, Deutschland
  • Tobias Herrmann - aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Deutschland
  • Uta Weidlich-Wichmann - aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Deutschland
  • Kodjo Vissiennon - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Berlin, Deutschland
  • Nicolas Alix - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Berlin, Deutschland
  • Dominik von Stillfried - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Berlin, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf459

doi: 10.3205/23dkvf459, urn:nbn:de:0183-23dkvf4594

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Eichler et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Der Patient:innenservice der KVen unter der Rufnummer 116117 ist rund um die Uhr für Anrufende mit akuten Gesundheitsbeschwerden erreichbar. Auf Basis einer strukturierten Ersteinschätzung wird seit 2020 eine Bewertung der Dringlichkeit und die Vermittlung eines passenden medizinischen Versorgungsangebots angeboten. Dieser Service wird seit einigen Jahren immer stärker nachgefragt: Abhängig von der Tageszeit und dem jeweiligen Wohnort kommt es dadurch zu teils längeren Wartezeiten. Erste internationale Studien weisen darauf hin, dass ein effektives Warteschleifenmanagement bei ähnlichen Servicenummern möglich ist, um Patient:innen mit dringlichen Anliegen zu priorisieren.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Implementierung und Evaluation eines Warteschleifenmanagements bei der 116117 mit dem Ziel der Priorisierung dringlicher Akut- und Notfälle.

Hypothese: Fälle mit sehr dringlichem Behandlungsbedarf werden weitgehend erfasst (hohe Sensitivität), der Anteil falsch priorisierter Anrufe bleibt niedrig (hohe Spezifität).

Methode: Prospektive, zweiarmige Kohortenstudie. Unterschieden werden zwei Interventionsgruppen und eine Kontrollgruppe. In einer ersten Phase erfolgt die Erprobung der Interventionen ohne Priorisierung. In Phase 2 folgt dann die Intervention inkl. Priorisierung dringlicher Anrufe (fast track) im Wechsel von Ver- und Entblindung für Mitarbeitende der 116117 bezüglich des Priorisierungsstatus.

Ergebnisse: Es werden zwei Interventionen auf Basis automatisierter Sprachdialoge in der 116117 implementiert. Intervention 1: Einfaches Selbstrating-Instrument. Intervention 2: Automatisierte Kurzabfrage von Notfallsymptomen. Liegt nach 1 oder 2 Eine hohe Dringlichkeit vor, erfolgt eine Priorisierung der Anrufenden (Routing in fast track). Die Validierung der Dringlichkeit und des Versorgungsbedarfs erfolgt routinemäßig durch Mitarbeitende der 116117 auf Grundlage der strukturierten Ersteinschätzung.

Diskussion: Vor dem Hintergrund des bestehenden und sich künftig zuspitzenden Fachkräftemangels und einer weiter zunehmenden Inanspruchnahme des Serviceangebots unter der Rufnummer 116117 wird ein intelligentes Warteschleifenmanagement zur Reduzierung vermeidbarer Wartezeiten insbesondere für potenzielle Notfälle und sehr dringliche Fälle zur Effizienzverbesserung der Akut- und Notfallversorgung insgesamt erforderlich. Aktuelle Beispiele für entsprechende Ansätze finden sich vor allem in Dänemark, wo bereits ein Großteil der Akutinanspruchnahme des Gesundheitssystems über eine der 116117 vergleichbaren Rufnummer gesteuert wird.

Implikation für die Versorgung: Durch die Erstellung und öffentliche Bereitstellung einer weitgehend reproduzierbaren Dokumentation der implementierten Lösungen zum Warteschleifenmanagement würde der entwickelte Ansatz grundsätzlich für vergleichbare Projekte im deutschen Gesundheitswesen bzw. im europäischen Kontext bereitstehen. Dies führt potenziell zu einer Reduktion des Ressourceneinsatzes bei der Entwicklung vergleichbarer technischer Lösungen auf Grundlage automatisierter Sprachdialoge.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF22028