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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Effekte eines interprofessionellen evidenzbasierten Beratungsprogramms zu Komplementärmedizin und -pflege bei Patienten:innen mit Krebs: Ergebnisse des primären Outcomes der kontrollierten Implementierungsstudie „CCC-Integrativ“

Meeting Abstract

  • Daniela Fröhlich - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen
  • Jan Valentini - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen
  • Regina Stolz - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen
  • Cornelia Mahler - Universitätsklinikum Tübingen, Abteilung Pflegewissenschaft des Instituts Gesundheitswissenschaften, Tübingen
  • Peter Martus - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Klinische Epidemiologie und angewandte Biometrie, Tübingen
  • Nadja Klafke - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg
  • Markus Horneber - Klinikum Nürnberg, Universitätsklinik der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, Klinik für Innere Medizin, Abteilung Pneumologie, Nürnberg
  • Claudia Witte - aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen
  • Klaus Kramer - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Allgemein-? und Viszeralchirurgie, Fachbereich Integrative Medizin, Ulm
  • Christine Greil - Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Innere Medizin 1, Freiburg
  • Barbara Grün - Universitätsklinikum Heidelberg, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen, Heidelberg
  • Katrin Tomaschko - AOK Baden-Württemberg, Fachbereich Integriertes Leistungsmanagement, Stuttgart
  • Stefanie Joos - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf453

doi: 10.3205/23dkvf453, urn:nbn:de:0183-23dkvf4533

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Fröhlich et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Maßnahmen zu Komplementärmedizin und -pflege (KMP) haben das Potenzial Patient:innen zu aktivieren und deren Eigenverantwortung zu stärken. Die Förderung der Patientenaktivierung kann als ein übergreifendes Konzept betrachtet werden, das Wissen, Fähigkeiten und Selbstvertrauen für das Selbstmanagement bei Krankheiten umfasst. Für onkologische Patient:innen konnte gezeigt werden, dass es einen Zusammenhang zwischen Aktivierung, Selbstwirksamkeit und Therapietreue gibt, die dazu beitragen, die Nebenwirkungen der konventionellen onkologischen Therapie besser zu bewältigen.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Ziel der CCC-Integrativ-Studie war es, eine interprofessionelle evidenzbasierte Beratung zu KMP an 4 Comprehensive Cancer Centers (CCC) in Baden-Württemberg zu implementieren und zu evaluieren. Als leitende konfirmatorische Hypothese wurde untersucht, ob sich die Patientenaktivierung, gemessen prä/post mit einem validierten Tool, dem Patient Activation Measure-13 (PAM-13), zwischen Interventionsgruppe (IG; mit Beratungsprogramm) und Kontrollgruppe (KG; ohne Beratungsprogramm/Routineversorgung) unterscheidet.

Methode: Die Intervention umfasste Elemente auf Mikro- (Patient: Beratung und Anleitung zu KMP); Meso- (Leistungserbringer: Schulung, Interprofessionelles Team-Building) und Makroebene (System: Dissemination, transsektorale Verknüpfung). Die Intervention auf Patientenebene bestand aus 3 Beratungen innerhalb von 3 Monaten, davon wurde mindestens die erste Beratung interprofessionell durchgeführt. Der PAM-13 -Fragebogen wurde zu Beginn (T1) und nach dem 3-monatigen Interventionszeitraum (T2) von den Patienten:innen ausgefüllt.

Ergebnisse: 1.129 onkologische Patienten:innen mit unterschiedlichen Tumorentitäten und -stadien (KG: n = 443, IG: n = 686) wurden an den 4 CCC´s eingeschlossen (Tübingen-Stuttgart: 287, Freiburg: 322, Heidelberg: 281, Ulm: 239). Die Hauptergebnisse der primären Analyse zeigen einen statistisch signifikanten Unterschied im PAM-13-Score (FGroup(1866.82, 8.623) = 8.634, p = 0.003) nach der Intervention zwischen KG und IG mit einer bereinigten mittleren Differenz von 2,22 Punkten. Darüber hinaus zeigen die sekundären Analysen, dass ein höherer PAM-13-Basiswert zu T1 signifikant mit höheren PAM-13-Score zu T2 assoziiert ist (95% CI: 0.55 – 0.66, p < 0.001). Andere Faktoren wie Alter, Geschlecht, Tumorentität, Krankheitsstadium oder CCC-Studienort waren keine statistisch signifikanten Prädiktoren für die PAM-Werte nach der Behandlung.

Diskussion: Die CCC-Integrativ Studie stellt nach unserem Kenntnisstand die bisher größte Kohorte von Krebspatienten:innen dar, die mit PAM-13 in einem Prä-Post-Vergleich untersucht wurden. Die neue Versorgungsform führt zu einer im Vergleich zur KG signifikant gesteigerten Patientenaktivierung. Inwiefern die gesteigerte Aktivierung mit Veränderungen der sekundären Zielparameter wie Lebensqualität und Selbstwirksamkeit einhergeht, ist Gegenstand weiterer Analysen.

Implikation für die Versorgung: Eine interprofessionelle Beratung zu KMP führt bei onkologischen Patienten:innen zu einer signifikant höheren Patientenaktivierung.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01NVF18004