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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Erprobung eines patientenorientierten Navigationsmodells – Erfahrungen aus Perspektive der Navigator*innen

Meeting Abstract

  • Hella Fügemann - Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Brandenburg an der Havel, Deutschland
  • Kathrin Gödde - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Public Health, Berlin, Deutschland
  • Ute Goerling - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Charité Comprehensive Cancer Center, Berlin, Deutschland
  • Nina Rieckmann - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Public Health, Berlin, Deutschland
  • Christine Holmberg - Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Brandenburg an der Havel, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf408

doi: 10.3205/23dkvf408, urn:nbn:de:0183-23dkvf4084

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Fügemann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Patientennavigation als neue Versorgungsform soll Patient*innen mit komplexem Versorgungsbedarf im fragmentierten deutschen Gesundheitssystem unterstützen. Derzeit werden viele Lotsen- bzw. Navigationsprojekte in Deutschland durchgeführt und evaluiert, die vorwiegend auf eine leitliniengerechte Versorgung und klinische Outcomes fokussieren.

In der CoreNAVI-Studie wurde bewusst ein Navigationsmodell für Betroffene mit zwei sehr unterschiedlichen altersassoziierten Erkrankungen (Lungenkrebs und Schlaganfall) entwickelt, welches vordergründig die Perspektive der Patient*innen sowie ihre persönlichen Bedarfe berücksichtigt. Derzeit wird dieses Modell im Versorgungsalltag erprobt.

Fragestellung und Zielsetzung: Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie werden die Erfahrungen der Navigator*innen erfasst. Ziel ist es, die praktische Umsetzung des Navigationsmodells aus Perspektive der Durchführenden zu evaluieren.

Methode: Es werden Interviews mit den Navigator*innen durchgeführt sowie deren Teammeetings teilnehmend beobachtet. Eine detaillierte Dokumentation der Navigationsprozesse durch die Navigator*innen zeigt Inhalt und Umfang der geleisteten Navigationstätigkeiten.

Ergebnisse: Drei Navigator*innen begleiten insgesamt 122 Studienteilnehmende. Wichtige Aufgaben sind die emotionale Unterstützung, Hilfestellungen bei bürokratischen Angelegenheiten, die Informationsbeschaffung sowie Unterstützung bei der Organisation der Versorgung im ambulanten Bereich. Dies gilt in gleichem Maße für Lungenkrebs- und Schlaganfallbetroffene. Die Interviews zeigen, dass die Navigator*innen ihre Arbeit als sinnstiftend wahrnehmen und sie es wertschätzen, dass die Patientenbedarfe im Vordergrund stehen. Der zeitweise nur eingeschränkt mögliche persönliche Kontakt zu den Studienteilnehmer*innen hat ihre Arbeit erschwert.

Diskussion: Die Erfahrungen der Navigator*innen als Durchführende des Navigationsangebots liefern wichtige Hinweise für Anpassungsbedarfe in der praktischen Umsetzung des Modells. Die Interview- und Dokumentationsergebnisse zeigen, dass sich bei der Inanspruchnahme der Navigation die sozialen, emotionalen und koordinativen Unterstützungsbedarfe von Lungenkrebs- und Schlaganfallbetroffenen stark überschneiden. Dies lässt den Rückschluss zu, dass ein patientenorientiertes Navigationsmodell mit Fokus auf nicht-medizinische Bedarfe nicht krankheitsspezifisch sein muss, sondern generelle Bedarfe von Menschen mit komplexen Versorgungssituationen abdecken kann.

Implikation für die Versorgung: Die Erfahrungen der Navigator*innen können gezielt genutzt werden, um das Navigationsmodell praxisorientiert zu optimieren. Es scheint ein sinnvoller Ansatz, ein patientenorientiertes krankheitsunabhängiges Navigationsmodell, welches auf die generellen sozialen und koordinativen Bedarfe von Menschen mit chronischen Erkrankungen abzielt, zu implementieren.

Förderung: BMBF-Strukturförderung Versorgungsforschung; 01GY1911