gms | German Medical Science

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Diffusionsprozesse in Gesundheitssystemen am Beispiel der Telemedizin in Deutschland

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • Yvonne Rauner - UMIT TIROL – Private Universität für Gesundheitswissenschaften und -technologie GmbH, Hall in Tirol, Österreich
  • Harald Stummer - UMIT TIROL – Private Universität für Gesundheitswissenschaften und -technologie GmbH, Hall in Tirol, Österreich

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf399

doi: 10.3205/23dkvf399, urn:nbn:de:0183-23dkvf3991

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Rauner et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Diffusionsprozesse im Kontext der Implementierungsforschung beschreiben die Verbreitung von Innovationen im sozialen Gefüge aufgrund individueller Adoptionsentscheidungen einzelner Mitglieder. Auf Basis der Diffusionstheorie nach E.M. Rogers lassen sich diese Prozesse anhand der genutzten Kommunikationskanäle in sozialen Systemen im Zeitverlauf untersuchen.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Die leitende Forschungsfrage dieser Studie ist, welche Diffusionserfahrungen (Tele)Mediziner im deutschen Gesundheitswesen hinsichtlich der Telemedizinimplementierung aufweisen und welche Informations- und Kommunikationskanäle sie hierzu nutzen, mit dem Ziel einer Ist-Analyse.

Methode: Es wurden 13 leitfadengestützte Interviews mit Medizinern (n=4), Telemedizinern (n=4) und Telemedizinexperten ohne Medizinstudium (n=5) durchgeführt. Das Durchschnittsalter der Befragten (m=9; f=4) betrug 42,8 Jahre (26≤x≤61). Die Interviews wurden nach Kuckartz transkribiert und analysiert. Die Analyse erfolgte deduktiv-induktiv auf Basis der Diffusionstheorie nach E.M. Rogers.

Ergebnisse: Die Hauptkategorie Innovation (n=103) mit ihren Subkategorien Beobachtbarkeit (n=23), Erprobbarkeit (n=6), Kompatibilität (n=3), Komplexität (n=1) und relativer Vorteil (n=34) konnte am häufigsten eruiert werden. Hierauf folgten Aspekte zu wahrgenommenen Innovationen (n=61) sowie Informationskanälen (n=59) mit ihren Subkategorien Soziales Gefüge (n=24), Messen/Kongresse (n=20), Soziale Medien (n=5) und Forschungsdatenbanken (n=2). Die Kategorien Prozess (n=15) und Soziales System (n=15) wurden seltener codiert. Unterstützungspotentiale der Telemedizin wurden häufiger für den Patienten (n=35) als für Gesundheitsfachpersonen (n=24) gesehen.

Diskussion: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass telemedizinische Innovationen auf vielfältige Weise von den Befragten wahrgenommen und beobachtet werden und der relative Vorteil erkannt wird. Dennoch weisen die Aussagen der Kategorien Erprobbarkeit, Komplexität und Kompatibilität auf mögliche bestehende Implementierungshürden hin. Auch der Informationsaustausch scheint bisher durch das soziale Gefüge, Kongresse und Soziale Medien geprägt zu sein. Formelle, bundeslandübergreifende Kommunikations- und Informationsplattformen für die verschiedenen Facetten der Innovation Telemedizin wurden nicht explizit benannt.

Implikation für die Versorgung: Die Untersuchung telemedizinischer Innovationen auf Basis des Diffusionsprozesses nach E.M. Rogers ermöglicht eine Beschreibung essentieller Elemente für die Telemedizinimplementierung auf gesellschaftlicher Ebene und sollte bei der strategischen Ausrichtung der Digitalstrategie im deutschen Gesundheitswesen Berücksichtigung finden.