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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Regionale Unterschiede in der morbiditätsorientierten Bedarfsplanung

Meeting Abstract

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  • Teresa Berling - Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Max Geraedts - Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf392

doi: 10.3205/23dkvf392, urn:nbn:de:0183-23dkvf3922

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Berling et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Die hausärztliche Bedarfsplanung zielt auf der Basis des §99 SGB V und der Bedarfsplanungsrichtlinie des G-BA auf eine bedarfsgerechte, flächendeckende und wohnortnahe Gesundheitsversorgung. Dazu werden regionale Verhältniszahlen als Sollwert an Hausärzt*innen angegeben, wobei Alter, Demografie und Krankheitslast der regionalen Bevölkerung berücksichtigt werden. Der Sollwert der Ärzt*innenverteilung ist insbesondere hinsichtlich des Morbiditätsfaktors noch unzureichend überprüft worden.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Die Studie prüft, inwiefern die hausärztliche Bedarfsplanung auf Landkreisebene ausreichend morbiditätsorientiert erfolgt und analysiert regionale Unterschiede und deren Zusammenhang mit Strukturmerkmalen sowie sozialer Deprivation.

Methode: Der Zusammenhang zwischen dem Hausärzt*innen-Sollwert und dem Bedarf in Form regionaler Prävalenzen der Krankheiten Asthma, COPD, Diabetes mellitus (DM) Typ II und KHK (Basis: WIdO-Gesundheitsatlanten) sowie dem Quotienten ‚Hausärzt*innen je Krankheitspopulation‘ wurde mittels Pearson- bzw. Spearman-Korrelation überprüft. Unterschiede der Landkreise und kreisfreien Städte (LK), mit Ausnahme der LK im Ruhrgebiet, zwischen den Bundesländern, Ost- und Westdeutschland, den Kreis-, Raum und Regionstypen (Raumordnungsregionen, ROR) wurden mittels Bayes-Faktor (BF) untersucht und Korrelationen zwischen morbiditätsorientierter Bedarfsplanung und Strukturmerkmal bzw. der sozioökonomischen Deprivation der Regionen (GISD-Index) berechnet.

Ergebnisse: In LK mit höheren Prävalenzen passt die Bedarfsplanung den Sollwert nicht ausreichend an: Es besteht ein negativer Zusammenhang starker Effektstärke zwischen ‚Zunahme der Hausärzt*innensitzdichte je Krankheitspopulation‘ und ‚Zunahme der Prävalenz‘ (DM: r=-0,89; KHK r=-0,93; COPD: r=-0,91; Asthma r=-0,85). Die Werte für die Hausärzt*innendichte je Krankheitspopulation unterscheiden sich zwischen den Bundesländern, wobei für alle Gruppen ein BF von >1000 gilt. Die stärksten Assoziationen liegen für die Bedarfsplanung in Bezug auf die DM- und KHK-Population vor. Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen dem Hausärzt*innen-Sollwert der DM- bzw. KHK-Population und der Lokalisation in Westdeutschland (DM: r=0,60; KHK: r=0,45). Bezogen auf Kreis-, Raum- und Regionstyp sind die Zusammenhänge beider Populationen positiv. Für die COPD-Population sind keine und für die Asthma-Populationen z.T. inverse Assoziationen zu beobachten. Weiter liegt ein negativer Zusammenhang zwischen GISD-Index und dem Hausärzt*innen-Sollwert in Bezug auf die DM- (r=-0,54), KHK- (r=-0,70) und COPD-Population (r=-0,44) vor.

Diskussion: Der Bedarfsplan scheint für die DM- und KHK-Population unzureichend morbiditätsorientiert und weist regionale Unterschiede auf. Ländliche, weniger besiedelte und im Osten gelegene LK sowie weniger verdichtete ROR werden benachteiligt.

Implikation für die Versorgung: Zur Vermeidung einer Versorgungszugangs-Ungerechtigkeit muss die hausärztliche Bedarfsplanung stärker an den regionalen morbiditätsbedingten Bedarf angepasst werden.