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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Burn-Out und Unsicherheiten bei Ärzt:innen im Kontext Seltener Erkrankungen

Meeting Abstract

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  • David Zybarth - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • Laura Inhestern - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • Corinna Bergelt - Universität Greifswald, Institut für Medizinische Psychologie, Greifswald, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf349

doi: 10.3205/23dkvf349, urn:nbn:de:0183-23dkvf3495

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Zybarth et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Burn-Out bei Ärzt:innen erlangt immer mehr Aufmerksamkeit. Sowohl belastende Arbeitsbedingungen, als auch individuelle Faktoren haben einen Einfluss auf die Problematik. Neben dem Geschlecht oder dem Alter gibt es auch Hinweise auf Zusammenhänge zwischen Burn-Out und der Unsicherheitstoleranz von Ärzt:innen. Vor allem im Kontext Seltener Erkrankungen könnte diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zukommen, weil die Erkrankungen z.B. aufgrund geringer Fallzahlen Ungewissheiten mehr Raum bieten. Untersuchungen dazu liegen bislang nicht vor.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Ziel dieser explorativen Studie ist die Untersuchung der Auswirkungen von Unsicherheitstoleranz und Erfahrung mit Seltenen Erkrankungen auf die Burn-Out Scores von Ärzt:innen. Auf Basis der vorhandenen Literatur wird angenommen, dass eine geringere Unsicherheitstoleranz mit einer höheren Arbeitsbelastung einhergeht. Ein möglicher Einfluss der Arbeit im Feld Seltener Erkrankungen auf Unsicherheitstoleranz und Burn-Out soll geprüft werden.

Methode: In Fachgesellschaften, durch Social Media und Verteiler wurden Ärzt:innen für eine Online-Befragung gewonnen. Die Unsicherheitstoleranz wurde mit der Physicians Reaction to Unertainty Scale (PRU) erfasst. Zur Erhebung der Arbeitsbelastung wurde das Oldenburg Burnout Inventory (OLBI) genutzt. Das Ausmaß der Erfahrung mit Seltenen Erkrankungen wurde durch die Erfassung der wöchentlichen Arbeitszeit mit dieser Patient:innengruppe operationalisiert. Mithilfe einer Pfadanalyse wird zunächst ein voll rekursives Modell geprüft. Im Weiteren wurde das Modell durch die iterative Entfernung nicht signifikanter β-Koeffizienten vereinfacht.

Ergebnisse: Insgesamt sind Daten von 128 Ärzt:innen sind in die Analyse eingegangen (n=73 weiblich). Auf der OLBI Dimension exhaustion weisen 83 Personen hohe Werte auf; 44 Personen auf der Dimension disengagement. Es finden sich signifikante Einflüsse der PRU-Skala anxiety auf beide Dimensionen des OLBI und ein Einfluss der PRU-Skala disclosure to patients auf exhaustion. Das Ausmaß der Erfahrung mit Seltenen Erkrankungen hat einen signifikanten Einfluss auf disengagement, aber keinen auf eine der Skalen der PRU. Alter hat einen signifikanten Einfluss auf die PRU-Skala concern, wirkt sich aber auf keine andere Skala der PRU aus. Das Modell hat einen sehr guten Fit (RMSEA=0,055).

Diskussion: Wie in anderen Studien zeigten sich auch in dieser Befragung Zusammenhänge zwischen einzelnen Aspekten der Unsicherheit und der Arbeitsbelastung. Der Umfang der Erfahrung im Bereich Seltener Erkrankungen hatten keinen Einfluss auf die Erschöpfung, führten aber zu einer höheren Identifikation mit der Arbeit. Ein Zusammenhang zwischen Unsicherheitstoleranz und der Arbeit mit Menschen mit Seltenen Erkrankungen wurde nicht gefunden.

Implikation für die Versorgung: Die Konsequenzen von Burn-Out von Ärzt:innen sind vielfältig und gravierend. Insbesondere Ängstlichkeit aufgrund von Unsicherheit erweist sich in der vorliegenden Untersuchung als wesentlicher Prädiktor. Angebote zum Umgang mit Unsicherheiten bzw. die Förderung des Themas innerhalb der universitären Ausbildung scheinen indiziert.