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L-Dopa-Pharmakotherapie bei der Behandlung des Restless Legs Syndroms von AOK-Versicherten
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Veröffentlicht: | 2. Oktober 2023 |
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Hintergrund und Stand der Forschung: Die zur Therapie des Restless Legs Syndroms (RLS) zugelassene Dopaminvorstufe L-Dopa kann bei kontinuierlicher Nutzung zu erheblicher Verstärkung der RLS-Symptome führen („Augmentation“). Während eine Dosis von ≤300 mg/d unter Beachtung möglicher Augmentationssymptome vor einigen Jahren noch als tolerabel galt, wird L-Dopa in der 2022 publizierten AWMF-Leitlinie nicht mehr für die kontinuierliche Behandlung des RLS empfohlen [1], [2].
Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Für Deutschland fehlen systematischen Daten zur medikamentösen RLS-Versorgung. Daher wurden folgende Fragen untersucht:
- 1.
- Wie verbreitet ist eine mit hohem Augmentationsrisiko einhergehende kontinuierliche L-Dopa-Behandlung des RLS?
- 2.
- Wie schwanken L-Dopa-Behandlungsdosis und Bedarf an RLS-relevanter Co-Medikation in Abhängigkeit von Behandlungsdauer, verordnender Facharztgruppe und Anzahl konsultierter Ärzte?
Methode: Abrechnungsdaten von AOK-Versicherten mit ≥1 stationären oder ≥2 ambulanten RLS-Diagnosen (ICD-10 G25.81) wurden genutzt, um im Rahmen einer Querschnittsanalyse alle kontinuierlichen L-Dopa-Behandlungsepisoden der Jahre 2013-2021 zu identifizieren, bei denen es über ≥3 Quartale L-Dopa-Verordnungen über ≥30.000 mg L-Dopa (Ø ≥110 mg/d) gab. Ergänzend wurden Daten zur Facharztgruppe und Anzahl verordnender Ärzte und zu RLS-relevanter Co-Medikation (Dopaminagonisten, Gabapentinoide, Opiode) erfasst.
Ergebnisse: Bei jährlich 24-27 Mio AOK-Versicherten wurden im Studienzeitraum 335.463 Personen mit RLS-Diagnose identifiziert, von denen 86.191 (25,7%) mit 143.322 kontinuierlichen L-Dopa-Behandlungsepisoden (Ø Dauer: 8,7 ± 7,0 Quartale) in die Analysen eingingen. Bei 12.854 (9%) der Episoden (12.213 Versicherten) lag die mittlere L-Dopa-Dosis zeitweise über 300 mg/d. Auf die Facharztgruppen Allgemeinmedizin /Neurologie entfielen 62,6% /29,8% der L-Dopa-Verordnungen. Die mittlere L-Dopa-Behandlungsdosis betrug 152,1 ± 74,8 mg/d. Bei 43,9% der Behandlungsquartale lagen Verordnungen für RLS-relevante Co-Medikation vor. Höhere Werte wiesen Episoden auf, die >12 Quartale dauerten (Ø 215 ± 110,5 mg L-Dopa/d; Co-Medikation in 48,7% der Quartale) und bei denen die L-Dopa-Verordnungen von >1 Arzt pro Quartal stammten (Ø 236,0 ± 128,3 mg L-Dopa/d; Co-Medikation in 53,5% der Quartale).
Diskussion: Die Langzeitbehandlung des RLS mit L-Dopa ist in Deutschland sehr verbreitet und erfolgt oft durch Allgemeinmediziner. Mit längerer Behandlungsdauer steigen Behandlungsdosis und Co-Medikation. Möglicherweise aufgrund von Augmentation deckt ein Teil der Betroffenen den steigenden L-Dopa-Bedarf aus mehreren Bezugsquellen (“Ärztehopping“).
Implikation für die Versorgung: Die Daten zeigen, dass verstärkte Anstrengungen nötig sind, um in Zukunft eine leitliniengerechte Pharmakotherapie des RLS zu erreichen und dass Allgemeinmediziner hierbei eine wichtige Zielgruppe sind.
Literatur
- 1.
- Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Leitlinien für die Diagnostik und Therapie in der Neurologie: Restless-Legs-Syndrom (RLS) und Periodic Limb Movement Disorder (PLMD). 2012. Verfügbar unter: https://www.restless-legs.org/wp-content/uploads/DGN-Leitfaden-RLS-2012.pdf
- 2.
- Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN); Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie: Restless Legs Syndrom. 2022. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-081l_S2k_Restless-Legs-Syndrom_2022-12.pdf