gms | German Medical Science

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

L-Dopa-Pharmakotherapie bei der Behandlung des Restless Legs Syndroms von AOK-Versicherten

Meeting Abstract

  • Dagmar Drogan - Wissenschaftliches Institut der AOK, AOK-Bundesverband, Berlin
  • Katrin Schüssel - Wissenschaftliches Institut der AOK, AOK-Bundesverband, Berlin
  • Christian Günster - Wissenschaftliches Institut der AOK, AOK-Bundesverband, Berlin
  • Klaus Berger - Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin, Universität Münster, Münster
  • Claudia Trenkwalder - Paracelsus-Elena-Klinik, Kassel

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf342

doi: 10.3205/23dkvf342, urn:nbn:de:0183-23dkvf3420

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Drogan et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Die zur Therapie des Restless Legs Syndroms (RLS) zugelassene Dopaminvorstufe L-Dopa kann bei kontinuierlicher Nutzung zu erheblicher Verstärkung der RLS-Symptome führen („Augmentation“). Während eine Dosis von ≤300 mg/d unter Beachtung möglicher Augmentationssymptome vor einigen Jahren noch als tolerabel galt, wird L-Dopa in der 2022 publizierten AWMF-Leitlinie nicht mehr für die kontinuierliche Behandlung des RLS empfohlen [1], [2].

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Für Deutschland fehlen systematischen Daten zur medikamentösen RLS-Versorgung. Daher wurden folgende Fragen untersucht:

1.
Wie verbreitet ist eine mit hohem Augmentationsrisiko einhergehende kontinuierliche L-Dopa-Behandlung des RLS?
2.
Wie schwanken L-Dopa-Behandlungsdosis und Bedarf an RLS-relevanter Co-Medikation in Abhängigkeit von Behandlungsdauer, verordnender Facharztgruppe und Anzahl konsultierter Ärzte?

Methode: Abrechnungsdaten von AOK-Versicherten mit ≥1 stationären oder ≥2 ambulanten RLS-Diagnosen (ICD-10 G25.81) wurden genutzt, um im Rahmen einer Querschnittsanalyse alle kontinuierlichen L-Dopa-Behandlungsepisoden der Jahre 2013-2021 zu identifizieren, bei denen es über ≥3 Quartale L-Dopa-Verordnungen über ≥30.000 mg L-Dopa (Ø ≥110 mg/d) gab. Ergänzend wurden Daten zur Facharztgruppe und Anzahl verordnender Ärzte und zu RLS-relevanter Co-Medikation (Dopaminagonisten, Gabapentinoide, Opiode) erfasst.

Ergebnisse: Bei jährlich 24-27 Mio AOK-Versicherten wurden im Studienzeitraum 335.463 Personen mit RLS-Diagnose identifiziert, von denen 86.191 (25,7%) mit 143.322 kontinuierlichen L-Dopa-Behandlungsepisoden (Ø Dauer: 8,7 ± 7,0 Quartale) in die Analysen eingingen. Bei 12.854 (9%) der Episoden (12.213 Versicherten) lag die mittlere L-Dopa-Dosis zeitweise über 300 mg/d. Auf die Facharztgruppen Allgemeinmedizin /Neurologie entfielen 62,6% /29,8% der L-Dopa-Verordnungen. Die mittlere L-Dopa-Behandlungsdosis betrug 152,1 ± 74,8 mg/d. Bei 43,9% der Behandlungsquartale lagen Verordnungen für RLS-relevante Co-Medikation vor. Höhere Werte wiesen Episoden auf, die >12 Quartale dauerten (Ø 215 ± 110,5 mg L-Dopa/d; Co-Medikation in 48,7% der Quartale) und bei denen die L-Dopa-Verordnungen von >1 Arzt pro Quartal stammten (Ø 236,0 ± 128,3 mg L-Dopa/d; Co-Medikation in 53,5% der Quartale).

Diskussion: Die Langzeitbehandlung des RLS mit L-Dopa ist in Deutschland sehr verbreitet und erfolgt oft durch Allgemeinmediziner. Mit längerer Behandlungsdauer steigen Behandlungsdosis und Co-Medikation. Möglicherweise aufgrund von Augmentation deckt ein Teil der Betroffenen den steigenden L-Dopa-Bedarf aus mehreren Bezugsquellen (“Ärztehopping“).

Implikation für die Versorgung: Die Daten zeigen, dass verstärkte Anstrengungen nötig sind, um in Zukunft eine leitliniengerechte Pharmakotherapie des RLS zu erreichen und dass Allgemeinmediziner hierbei eine wichtige Zielgruppe sind.


Literatur

1.
Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Leitlinien für die Diagnostik und Therapie in der Neurologie: Restless-Legs-Syndrom (RLS) und Periodic Limb Movement Disorder (PLMD). 2012. Verfügbar unter: https://www.restless-legs.org/wp-content/uploads/DGN-Leitfaden-RLS-2012.pdf Externer Link
2.
Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN); Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie: Restless Legs Syndrom. 2022. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-081l_S2k_Restless-Legs-Syndrom_2022-12.pdf Externer Link