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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Barrieren beim Zugang zu und medizinischen Versorgung in Medizinischen Behandlungszentren für Erwachsene mit Behinderung (MZEB): Ergebnisse einer qualitativen und quantitativen Befragung von Leitungspersonen von MZEB

Meeting Abstract

  • Natalie Steeb - Hochschule Fulda, Public Health Zentrum Fulda, Fulda, Deutschland
  • Lorena Denise Wetzel - Hochschule Fulda, Public Health Zentrum Fulda, Fulda, Deutschland
  • Saskia Gollasch - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
  • Anja Rotthowe - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
  • Ute Karbach - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
  • Katharina Rathmann - Hochschule Fulda, Public Health Zentrum Fulda, Fulda, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf338

doi: 10.3205/23dkvf338, urn:nbn:de:0183-23dkvf3383

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Steeb et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Seit 2015 können Medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit Behinderung (MZEB) zur ambulanten Versorgung von Erwachsenen mit geistiger und mehrfacher Behinderung ermächtigt werden, wenn dies zur Sicherstellung einer adäquaten Versorgung notwendig ist. Studien verweisen nicht nur auf Barrieren in der Regelversorgung für Menschen mit geistiger und schwerer Mehrfachbehinderung, sondern auch in der spezialisierten Versorgung bspw. in MZEB.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Der Beitrag hat zum Ziel, 1) Barrieren beim Zugang zu und 2) bei der medizinischen Versorgung in MZEB aus Sicht von MZEB-Leitungspersonal zu untersuchen.

Methode: Qualitative Aussagen wurden in N=28 leitfadengestützten Expert*inneninterviews mit MZEB-Leitungspersonal (02/2021–01/2023) erhoben und inhaltsanalytisch nach Kuckartz mit MAXQDA 2022 ausgewertet. Zusätzlich wurden potenzielle Barrieren mit einer bundesweiten Online-Befragung von MZEB-Leitungspersonal (11/2022–01/2023) erfasst. Von N=69 eingeladenen haben n=41 Leitungspersonen teilgenommen, n=36 haben den Fragebogen vollständig ausgefüllt. Die quantitative Auswertung erfolgte univariat mit SPSS (Version 25).

Ergebnisse: Als 1) Barriere beim Zugang zum MZEB wurden in den Expert*inneninterviews und in der Online-Befragung v. a. Zugangskriterien genannt (z.B. Merkzeichen, Grad der Behinderung). Bei der Online-Befragung berichten 53,2% (n=17) die Zugangskriterien ihres MZEB (sehr) unangemessen zu finden. Als 2) Barrieren bei der medizinischen Versorgung im MZEB werden in den Interviews v. a. Einschränkungen im Leistungsangebot (z.B. keine Behandlungserlaubnis, eingeschränkte Verordnungsbefugnis) und Herausforderungen bei der Zusammenarbeit mit der Regelversorgung (z.B. kein Interesse an Kooperation, mangelnde Barrierefreiheit) genannt. Die Ergebnisse der Online-Befragung zeigen dahingehend, dass 29,4% (n=10) der MZEB über keine Behandlungserlaubnis verfügen sowie keine aufsuchenden Leistungen anbieten können. 70,0% (n=21) berichten, dass Behandler*innen der Regelversorgung keine Zeit für die Zusammenarbeit mit MZEB bzw. deren Patient*innen aufweisen. 63,3% (n=19) geben an, dass es der Regelversorgung z. T. an Wissen und Erfahrung im Umgang mit Menschen mit Behinderung mangelt.

Diskussion: Mittels der Erhebung von qualitativen und quantitativen Daten konnte eine umfassende Analyse von Barrieren beim Zugang zu und der medizinischen Versorgung in MZEB durchgeführt werden. Vor dem Hintergrund der Heterogenität von MZEB (z.B. Zugangskriterien, Leistungsangebot) sollte deren Rolle im Gesundheitssystem reflektiert und ggf. angepasst werden.

Implikation für die Versorgung: Damit Erwachsene mit geistiger und schwerer Mehrfachbehinderung ihr Recht auf Gesundheit verwirklichen können, sollte das Gesundheitssystem inklusiv ausgestaltet werden. Hierfür bedarf es förderliche Rahmenbedingungen und Maßnahmen zum Abbau bestehender Barrieren.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF19010