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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Die Versorgung frühgeborener Kinder mit humaner Milch

Meeting Abstract

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  • Isabella Schwab - Universität zu Köln/Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Tim Ohnhäuser - Universität zu Köln/Uniklinik Köln, Köln, Deutschland
  • Nadine Scholten - Universität zu Köln/Uniklinik Köln, Köln, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf320

doi: 10.3205/23dkvf320, urn:nbn:de:0183-23dkvf3200

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Schwab et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Die optimale Ernährung für alle Neugeborenen ist die Milch der eigenen Mutter. Insbesondere innerhalb der vulnerablen Gruppe der sehr kleinen Frühgeborenen (<1.500 g) sind die positiven Effekte der exklusiven Ernährung mit Muttermilch immens. Durch die Frühgeburt und die fehlenden Saugkompetenzen der Frühgeborenen, müssen die Mütter die Laktation durch manuelle Milchgewinnung und Abpumpen initiieren. Hierfür benötigen die Mütter eine effektive Still- und Laktationsförderung, damit das Frühgeborene frühzeitig mit Muttermilch ernährt und die Gabe künstlicher Nahrung vermieden werden kann. Falls keine oder nicht ausreichend Milch der eigenen Mutter verfügbar ist, ist Spenderinnenmilch von Müttern mit überschüssiger Milch die beste Alternative. Bis jetzt ist wenig darüber bekannt, inwiefern eine exklusive Ernährung mit Muttermilch oder alternativ mit Spenderinnenmilch auf neonatologischen Intensivstationen in Deutschland tatsächlich erfolgt.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Diese Arbeit soll den Status Quo der exklusiven Ernährung mit Muttermilch und alternativ Spenderinnenmilch bei Frühgeborenen unter 1500g und deren organisationale Einflussfaktoren darstellen, um gegebenenfalls Potenziale für eine Verbesserung der Versorgung zu ermitteln.

Methode: Im Rahmen des Projekts Neo-MILK wurden Mütter von Frühgeborenen unter 1.500 g zwischen Juni und August 2021 zu ihren Erfahrungen mit der Stillförderung auf neonatologischen Intensivstationen befragt. Die Mütter wurden über vier gesetzliche Krankenkassen angeschrieben und die Kinder waren zum Befragungszeitpunkt zwischen 6 und 24 Monate alt.

Ergebnisse: Daten von 514 Müttern konnten in die Analyse aufgenommen werden (Rücklauf: 31,6%). Eine exklusive Ernährung mit Muttermilch wurde in 32% (n=164) angegeben, während 19% (n=39) dieser Kinder zusätzlich Spenderinnenmilch erhielten. Demnach wurde bei über 68% (n=350) keine exklusive Ernährung mit Muttermilch oder Spenderinnenmilch erzielt. Die logistische Regressionsanalyse zeigt unter Kontrolle der Muttermilchmenge und des Geburtsgewichts des Kindes einen signifikanten Einfluss einer muttermilchfördernden Einstellung des ärztlichen Personals sowohl auf die exklusive Ernährung mit Muttermilch (OR=0.75; p=0.032) als auch mit Spenderinnenmilch (OR=0.65; p=0.001). Eine weniger muttermilchfördernde Einstellung des ärztlichen Personals minimiert die Chance, eine exklusive Ernährung mit Muttermilch oder Spenderinnenmilch zu erreichen.

Diskussion: Die exklusive Ernährung von Frühgeborenen Kindern mit Muttermilch oder Spenderinnenmilch wurde in über der Hälfte der Fälle nicht erreicht. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Potenziale für eine Verbesserung der Versorgungsqualität durch Interventionen auf der Ebene einer muttermilchfördernden Organisationskultur auf der Station bestehen. Dies betrifft sowohl die exklusive Ernährung mit Muttermilch, als auch, alternativ, zusätzlich mit Spenderinnenmilch

Implikation für die Versorgung: Der Status Quo der Versorgung Frühgeborener mit Muttermilch oder Spenderinnenmilch zeigt Optimierungsbedarf und könnte durch Interventionen auf Organisationsebene verbessert werden.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01NVF19027