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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Opioid-Monotherapie bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen? Routinedatenanalyse weiterführender Therapiemaßnahmen bei Langzeitpatienten

Meeting Abstract

  • Nils Frederik Schrader - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
  • Anja Niemann - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
  • Christian Speckemeier - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
  • Carina Abels - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
  • Nikola Blase - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
  • Godwin Giebel - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
  • Milena Weitzel - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
  • Cordula Riederer - DAK-Gesundheit, Hamburg, Deutschland
  • Joachim Nadstawek - Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland e.V. (BVSD), Berlin, Deutschland
  • Wolfgang Straßmeir - Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland e.V. (BVSD), Berlin, Deutschland
  • Jürgen Wasem - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
  • Silke Neusser - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf304

doi: 10.3205/23dkvf304, urn:nbn:de:0183-23dkvf3048

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Schrader et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Die Therapie mit opioidhaltigen Analgetika (OA) bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen (CNTS) sollte zur Verbesserung der Schmerzlinderung mit einem multimodalen Therapiekonzept verbunden werden. So empfiehlt die S3-Leitlinie zur Langzeitanwendung von OA bei CNTS eine Monotherapie mit OA zu vermeiden und die Behandlung um indikationsspezifische interdisziplinäre Verfahren zu ergänzen.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: In der vorliegenden Untersuchung soll anhand der Routinedaten einer Kohorte von OA-Langzeitpatienten untersucht werden, inwieweit ergänzende Therapiemaßnahmen bei CNTS ergriffen werden.

Methode: Für die Untersuchung wurden Routinedaten der DAK-Gesundheit von Q1/2018 bis Q1/2021 herangezogen. Eingeschlossen wurden alle Versicherten >17 Jahre, die in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Quartalen jeweils mindestens eine OA-Verschreibung aufwiesen. Alle Personen wurden nach Einschluss zwei Jahre nachbeobachtet. Als zu untersuchende Therapiemaßnahmen wurden die in den Leitlinien erwähnten Heilmittel (z.B. Physiotherapie) und psychotherapeutischen Maßnahmen festgelegt und um weitere Leistungen, wie bspw. TENS-Verordnungen oder ambulante bzw. stationäre Schmerztherapie ergänzt. Für jeden Patienten wurde die mindestens einmalige Inanspruchnahme im Zwei-Jahres-Zeitraum sowie die quartalsweise Inanspruchnahme bei gleichzeitiger Opioid-Verschreibung überprüft.

Ergebnisse: Von den 113.476 Patienten waren 74,6% weiblich, das Durchschnittsalter betrug 71,8 Jahre. Im gesamten Beobachtungszeitraum konnten bei 22,9% der Patienten Hinweise auf eine OA-Monotherapie gefunden werden. Krankengymnastik (59,2% der Patienten), psychosomatische Grundversorgung (36,6%) und ambulante Schmerztherapie (15,8%) konnten am häufigsten als ergänzende Therapiemaßnahmen im Beobachtungszeitraum identifiziert werden. Patienten, die bereits vor dem Studieneinschluss mindestens 1 Jahr OA erhielten (prävalente Patienten, 49,1%), wiesen verglichen mit dem Rest der Kohorte (inzidente Patienten) zu Beobachtungsbeginn seltener ergänzende Therapiemaßnahmen auf. Während die Inanspruchnahme bei den prävalenten Patienten im weiteren Beobachtungsverlauf konstant blieb, sank die Inanspruchnahme der inzidenten auf das Niveau der prävalenten Patienten ab. Zudem konnten vor allem bei älteren Personen häufiger Hinweise auf Monotherapie identifiziert werden.

Diskussion: Mehr als jeder fünfte Patient der Kohorte wies keine Inanspruchnahme der definierten Leistungen im Beobachtungszeitraum auf. Darüber hinaus konnten Hinweise darauf gefunden werden, dass Personen mit kürzerer OA-Therapie und im jüngeren Alter häufiger ergänzende Therapiemaßnahmen erhielten.

Implikation für die Versorgung: Für die identifizierten Personengruppen bei denen häufiger OA-Monotherapien zu finden waren, sollte geprüft werden, welche medizinisch sinnvollen Maßnahmen die Therapien ergänzen können. Aus gesundheitspolitischer Perspektive sollte diskutiert werden, ob der Versorgung dieser Personengruppen strukturelle Hindernisse entgegenstehen.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF19059