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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Ergebnisqualität und Kosten-Effektivität allgemeiner und spezialisierter Palliativversorgung in Deutschland: Regionale Variabilität, Prädiktoren und Implikationen

Meeting Abstract

  • Antje Freytag - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Jena
  • Franziska Meissner - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Jena
  • Ursula Marschall - bifg – BARMER Institut für Gesundheitssystemforschung, Berlin
  • Ulrich Wedding - Abteilung Palliativmedizin, Universitätsklinikum Jena
  • Bianka Ditscheid - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Jena

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf172

doi: 10.3205/23dkvf172, urn:nbn:de:0183-23dkvf1724

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Freytag et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Die Rahmenbedingungen, unter denen Palliativversorgung (PV) in Deutschland stattfindet, unterscheiden sich zwischen den Regionen Kassenärztlicher Vereinigungen (KV). Dass die Inanspruchnahme der unterschiedlichen Versorgungsformen regional beträchtlich variiert, ist bekannt (Ditscheid et al. 2023) und es liegt nahe, dass auch die Ergebnisqualität und Kosten-Effektivität der geleisteten PV am Lebensende variieren. Empirische Informationen im bundesweiten Vergleich liegen hierzu jedoch bisher kaum vor.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Wie stellen sich Outcomes und Kosten von PV im bundesweiten Vergleich der Regionen dar? Was treibt die Unterschiede in der Ergebnisqualität? Und was folgt daraus für die weitere Ausgestaltung der PV in Deutschland?

Methode: Diese Fragen untersuchen wir in einer retrospektiven populationsbasierten Beobachtungsstudie auf der Basis von BARMER-Versicherten, die in den Jahren 2016-2019 verstarben. Dabei vergleichen wir die KV-Regionen hinsichtlich 1) gängiger Indikatoren zur Messung der Ergebnisqualität von PV anhand von Abrechnungsdaten (z.B. Versterben im Krankenhaus sowie potenziell vermeidbare aggressive/belastende Therapien am Lebensende), 2) Kosten der PV im letzten Lebensjahr, 3) Gesamtversorgungskosten der letzten drei Lebensmonate und ausgewählter Kosten-Effektivitäts-Relationen. Die Diskussion der Analyseergebnisse in Experten-Workshops liefert Hinweise auf Erklärungsansätze. Angeschlossen werden quantitative Prädiktorenanalysen, die darauf abzielen, die Art der in Anspruch genommenen Versorgungsleistungen als erklärende Variablen für die Ergebnisse zu explorieren.

Ergebnisse: Die Inanspruchnahmerate für allgemeine oder spezialisierte, ambulante oder stationäre PV variierte im Jahr 2019 zwischen 28,9% in Sachsen-Anhalt und 46,1% in Bayern; Unter den in 2019 Verstorbenen mit PV im letzten Lebensjahr lag die Rate der im KH Verstorbenen zwischen 23,3% in Westfalen-Lippe und 37,6% in Bayern. Die Palliativversorgungskosten variierten ebenfalls beträchtlich; so fielen bspw. die Kosten der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV; zu der auch die Versorgung durch einen Palliativmedizinischen Konsiliardienst gezählt wird) je Versichertem mit einer solchen Versorgung in Nordrhein siebenmal höher aus als in Westfalen-Lippe. Auch wenn man für Patienten- und Wohnkreismerkmale adjustiert, verändern sich die Ergebnisse kaum. Insgesamt fällt das überdurchschnittliche Abschneiden von Westfalen-Lippe bei Versorgungsqualität wie Kosten-Effektivität deutlich auf.

Diskussion: Ein Erklärungsansatz für die herausragenden Ergebnisse in Westfalen Lippe könnte die dort übliche integrierte Form allgemeiner und spezialisierter PV sein. Im Gegensatz dazu werden in anderen KV-Regionen allgemeine und spezialisierte ambulante PV unverbunden erbracht.

Implikation für die Versorgung: Es sollte überprüft werden, inwieweit der neue SAPV-Bundesrahmenvertrag die empirischen Erkenntnisse aufgreifen kann. Patientenrelevanten Outcomeparametern sollte stärkeres Gewicht als Strukturparametern gegeben werden.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF19026