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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Wartezeit auf einen Termin zur Einholung einer Zweitmeinung im Rahmen der Zweitmeinungsrichtlinie am Beispiel der Tonsillektomie/Tonsillotomie

Meeting Abstract

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  • Louis Traxel - Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Barbara Prediger - Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Nadja Könsgen - Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Dawid Pieper - Medizinische Hochschule Brandenburg – Theodor Fontane, Neuruppin, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf130

doi: 10.3205/23dkvf130, urn:nbn:de:0183-23dkvf1302

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Traxel et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Ärztliche Zweitmeinungen (ZM) können Patient*innen helfen, ihre Diagnose besser zu verstehen und sie bei der Behandlungsentscheidung unterstützen. Gesetzlich Krankenversicherte haben seit Dezember 2018 die Möglichkeit, sich für definierte Indikationen eine ZM nach Richtlinie einzuholen. Zunächst galt dies für die Indikationen zur Hysterektomie und Tonsillektomie/Tonsillotomie. Die Aufklärung über das Recht zur ZM-Einholung hat in der Regel mindestens 10 Tage vor dem geplanten Eingriff zu erfolgen, in jedem Fall aber so rechtzeitig, dass Patient*innen die Entscheidung über die Einholung einer ZM wohlüberlegt treffen können.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Im Rahmen dieser Pseudo Customer Studie wurde erhoben, wie schnell Patient*innen einen Termin zur ZM erhalten können.

Methode: Von Januar bis Februar 2022 wurden alle als Zweitmeiner*innen gelisteten Ärzt*innen der Hals-Nasen-Ohren Heilkunde der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe (N=66 in N=53 Praxen) anhand eines standardisierten und getesteten Anrufprotokolls kontaktiert. Die Praxen wurden zu vorab festgelegten Uhrzeiten bis zu dreimal angerufen. Der Anrufer gab sich als Patient mit Indikation zu einer Tonsillektomie/Tonsillotomie, der einen Termin für eine ZM vereinbaren wolle, aus.

Ergebnisse: Nach maximal drei Anrufversuchen in einer Praxis konnten 94,35% (50/53) der Praxen erreicht werden. Hiervon boten 92% (46/50) ausschließlich eine ZM im Rahmen eines Termins an, drei Praxen verwiesen auf ihre offene Sprechstunde und eine Praxis bot beide Möglichkeiten an. In 24% der Telefonate (12/50) wurde auf die Frage, ob Unterlagen mitgebracht werden sollten, auf den Arztbrief des Erstmeiners/der Erstmeinerin hingewiesen. Auf einen Termin vor 12 Uhr musste im Mittel 9,07 und auf einen Termin nach 15 Uhr 11,57 Werktage gewartet werden. Insgesamt boten 4% (2/50) der Praxen die Möglichkeit zur ZM-Einholung im Rahmen einer Videosprechstunde an.

Diskussion: Die meisten Praxen konnten telefonisch erreicht werden und alle boten die Möglichkeit zur ZM-Einholung an. Jedoch zeigen unsere Ergebnisse, dass die ZM-Einholung in vielen Fällen länger dauert als 10 Tage. Nur von zwei Praxen wurde erfragt, ob bereits ein OP Termin besteht. Auf die Vorlage des Arztbriefes aus der Erstmeinung wurde nur in weniger als der Hälfte der Anfragen hingewiesen. Doppeluntersuchungen sind daher nicht auszuschließen.

Implikation für die Versorgung: Die Mitnahme der Unterlagen über die Diagnose und Behandlungsvorschläge zur ZM ist hilfreich, um Doppeluntersuchungen zu vermeiden. Der Hinweis darauf sollte bereits telefonisch bei Terminvergabe erfolgen. Dies könnte als Anforderung in die Richtlinie mit aufgenommen werden.