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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

„Wenn der Motor stottert...“ Repair and Maintenance Studies – ein geeignetes Konzept für die deutschsprachige Versorgungsforschung?

Meeting Abstract

  • Michael Schaller - Bayerisches Zentrum Pflege Digital, Kempten, Deutschland
  • Marie-Christin Redlich - Bayerisches Zentrum Pflege Digital, Kempten, Deutschland
  • Katja Rießenberger - Bayerisches Zentrum Pflege Digital, Kempten, Deutschland
  • Florian Fischer - Bayerisches Zentrum Pflege Digital, Kempten, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf063

doi: 10.3205/23dkvf063, urn:nbn:de:0183-23dkvf0634

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Schaller et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Ein kritischer Blick auf das Gesundheitssystem offenbart verschiedene Mängel, z.B. das kontinuierliche Scheitern von IT-Projekten, die es nicht in die regelhafte Anwendung schaffen. Natürlich gibt es aufgrund der Heterogenität der Anwendungsfelder (von der Digitalisierung der Dokumentation über Telemedizin bis zu Lösungen von KI in der Gesundheitsversorgung) keine allgemeingültige Lösung. Trotz verschiedener Krisen, Störungen, Ausfälle und Fehler läuft das Gesundheitssystem jedoch weiter. In diesem Zusammenhang wird die Bedeutung der oft übersehenen Anpassung und Veränderung des Bestehenden deutlich. Hierbei stellt sich die Frage, ob die Modifizierung von Strukturen und Prozessen eher mit Wartung und Reparatur verbunden ist als mit wirklicher Innovation. In diesem Kontext erfahren ‚Repair and Maintenance Studies‘ zunehmendes Interesse.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Ziel ist es zu klären, wie diese Konzepte in der deutschsprachigen Versorgungsforschung zum jetzigen Zeitpunkt aufgegriffen werden. Damit soll ein theoretisch-konzeptioneller Beitrag zum Diskurs im Rahmen der Versorgungsforschung geleistet werden.

Methode: Um einen Überblick über die Rezeption der beiden Konzepte in der deutschsprachigen Versorgungsforschung zu erstellen, wurde eine systematische Literaturübersicht durchgeführt. Hierzu erfolgte eine Suche in einer elektronischen Fachdatenbank (PubMed) mit den Suchbegriffen ‚repair‘, ‚maintenance‘, ‚science and technology studies‘ und ‚health services research‘. Alle deutschsprachigen Beiträge aus den Jahren 2000-2023 wurden eingeschlossen.

Ergebnisse: 19 Beiträge konnten identifiziert werden und obwohl einige Studien Reparatur oder Wartung thematisieren, war jedoch kein Beitrag für die vorliegende Zielsetzung relevant.

Diskussion: Trotz dieser eher marginalen Trefferanzahl eröffnet der Blick auf benachbarte Forschungsgebiete fruchtbare Anschlussmöglichkeiten für die deutschsprachige Versorgungsforschung. So betrachtet z.B. Schubert [1] in einem Beitrag Innovation als Reparatur, wenn es um Anpassungen auf gesellschaftlicher Ebene im Rahmen von Fehlentwicklungen geht. So könnten weiter partizipative Technikentwicklungsansätze als Reparatur gesellschaftlicher Schieflagen interpretiert werden. Die Stärke der Konzepte kann aber auch in der Beschreibung und Analyse des individuellen Versorgungsalltags liegen, z.B. bei der Betrachtung täglich stattfindender Aushandlungsprozesse als Mikroreparaturen oder der Entwicklung von Workarounds für den Umgang mit nicht funktionierender Technik im Versorgungsalltag.

Implikation für die Forschung: Die Auseinandersetzung mit ‚Repair and Maintenance‘ hat das Potenzial, neue anregende Fragen für die deutschsprachige Versorgungsforschung aufzuwerfen, die auch über den Themenbereich der Digitalisierung von Relevanz sind und einen neuen Blickwinkel auf die Betrachtung von Krisen eröffnen.


Literatur

1.
Schubert C. Innovation als Reparatur. In: Blättel-Mink B, Schulz-Schaeffer I Windeler A, Hrsg. Handbuch Innovationsforschung – Sozialwissenschaftliche Perspektiven. Wiesbaden: Springer VS; 2021. pp. 381-92.