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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Körperliche Aktivität bei chronischen Erkrankungen – wie groß ist der Versorgungsbedarf?

Meeting Abstract

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  • Lars Gabrys - Fachhochschule für Sport und Management Potsdam, Deutschland
  • Benjamin Wenz - Universität Vechta, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf023

doi: 10.3205/23dkvf023, urn:nbn:de:0183-23dkvf0234

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Gabrys et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Körperliche Aktivität und körperliches Training sind insbesondere bei nichtübertragbaren Krankheiten (NCD) wie beispielsweise kardiovaskulären Erkrankungen, Diabetes mellitus oder psychischen Erkrankungen geeignet, der Krankheitsentstehung vorzubeugen, ein Auftreten hinauszuzögern, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen sowie die Regeneration und Genesung zu unterstützen. Bewegungsmangel gilt zudem als eigenständiger Risikofaktor für die Entstehung und Chronifizierung nichtübertragbarer Erkrankungen. Nationale und internationale Untersuchungen zeigen ein geringeres Aktivitätsverhalten bei Personen mit NCD.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Die ersten und gleichzeitig letzten Daten zum Aktivitätsverhalten von Personen mit NCD in Deutschland stammen aus dem Jahr 2015. Zwischenzeitlich wurden die nationalen Bewegungsempfehlungen, welche das erste Mal auch explizit Empfehlungen für Personen mit NCD formulieren, publiziert. Es soll untersucht werden, ob Veränderungen im Aktivitätsverhalten bei Personen mit NCD auf Bevölkerungsebene stattgefunden haben. Daraus ableitend können Versorgungsbedarfe für unterschiedliche Erkrankungen formuliert werden.

Methode: Datengrundlage bilden die beiden Gesundheitssurveys GEDA 2014/15 und GEDA 2019/20 des Robert Koch-Instituts mit jeweils mehr als 20.000 TN. Neben soziodemografischen Angaben wurden Informationen zu Erkrankungen und Lebensstilfaktoren wie der körperlichen Aktivität erhoben (EHIS-PAQ). Es wurden Trendanalysen und logistische Regressionsmodelle zum Erreichen der Aktivitätsempfehlungen der WHO bei Personen mit NCD durchgeführt.

Ergebnisse: Auf Bevölkerungsebene kann ein leicht positiver Trend im Aktivitätsverhalten beobachtet werden, jedoch erreichen mit lediglich 48% noch mehr als die Hälfte der Befragten die Aktivitätsempfehlungen der WHO nicht. Personen mit NCD erreichen durchweg seltener die Aktivitätsempfehlungen, zudem sind überwiegend leicht rückläufige Tendenzen zu verzeichnen. Personen mit koronarer Herzkrankheit (KHK) erreichen zum Zeitpunkt GEDA 2019/20 nur zu 33,2% die Aktivitätsempfehlungen der WHO, Personen mit Diabetes mellitus zu 28,9% und Personen mit Depression zu 34,7%. Das Chancenverhältnis zum Erreichen der Aktivitätsempfehlungen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung beträgt bei Personen mit KHK OR 0.75 (95% KI 0.61-0.92), bei Diabetes mellitus OR 0.55 (95% KI 0.46-0.64) und bei Depression OR 0.55 (95% KI 0.47-0.64).

Diskussion: Trotz guter Evidenz für die Wirksamkeit körperlicher Aktivität ist ein Großteil der deutschen Bevölkerung nach wie vor nicht ausreichend körperlich aktiv. Dies gilt insbesondere für Personen mit NCD. Maßnahmen zur Förderung von körperlicher Aktivität in Prävention, Therapie und Rehabilitation scheinen bei der Zielgruppe noch nicht in ausreichendem Maße umgesetzt bzw. angenommen zu werden.

Implikation für die Versorgung: Es sollten neue und innovative Versorgungsmodelle zur Förderung von körperlicher Aktivität und körperlichem Training bei Personen mit NCD entwickelt und in der Versorgung implementiert werden. Die Nachhaltigkeit entsprechender Maßnahmen sollte gesichert sein.