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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Kapazitätsengpässe auf der Intensivstation – Ursachen und Auswirkungen auf den Patientenfluss

Meeting Abstract

  • Maike Hiller - Erasmus University Medical Center, Rotterdam, Niederlande
  • Svea Nies - UKB Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland
  • Antonia Brugger - Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Alina Schenk - UKB Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland
  • Jan-Karl Schütte - Krankenhaus Düren, Düren, Deutschland
  • Stefan Schröder - Krankenhaus Düren, Düren, Deutschland
  • Reimer Riessen - Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Maria Wittmann - UKB Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland
  • Hendrik Bracht - Universitätsklinikum Ulm, Ulm, Deutschland
  • Jan Bakker - Erasmus University Medical Center, Rotterdam, Niederlande

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf015

doi: 10.3205/23dkvf015, urn:nbn:de:0183-23dkvf0156

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Hiller et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In der intensivmedizinischen Versorgung sind Kapazitätsengpässe häufig. Kapazitätsauslastungen über 90% können zu Patientengefährdungen führen, wenn kritisch kranke Patienten nicht zeitnah aufgenommen bzw. noch instabile Patienten zu früh auf eine niedrigere Versorgungsstufe verlegt werden.

Fragestellung: Was sind Gründe von Kapazitätsengpässen in der Akutmedizin und wie wirken sie sich auf den Patientenfluss aus? Mittels einer Beobachtungsstudie sollten Kapazitätsdaten, Zeitpunkte von verschiedenen Verlegungsprozessschritten und Gründe für zu frühe und verspätete Verlegungen von der Intensivstation (ITS) sowie verhinderte Aufnahmen erfasst und quantifiziert werden.

Methode: In einer Beobachtungsstudie über 4 Wochen in 2 Kliniken (interdisziplinäre (id.) ITS einer städtischen Klinik und internistische (in.) ITS einer Uniklinik) wurden Ressourcennutzungsdaten der ITS (Auslastung, Acuity Scores, Pflegeschlüssel), die Auslastung der aufnehmenden Stationen, sowie verschiedene Zeitpunkte des Verlegungsprozesses (Aufnahme, Verlegungs-/Triageoption, Verlegungsentscheidung, Verlegung) erfasst und die Zeit zwischen den Prozessschritten quantifiziert. Abgelehnte Aufnahmen und Rückverlegungen auf die ITS, sowie zu frühe und verspätete Verlegungen wurden quantifiziert und analysiert.

Ergebnisse: Im Zeitraum wurden in der in. ITS (16 bzw. 14 Betten) 61 und auf der id. ITS (11 Betten) 57 Aufenthalte mit anschließender Verlegung erfasst. Die durchschnittliche Auslastung betrug 92,4% (in. ITS) bzw. 74,7% (id. ITS). Häufigste Verlegungsziele der in. ITS waren die Chest Pain Unit (27%), externe Einrichtungen (16%) und die Neurologie (13%). Von der id. ITS wurden >50% der Patienten auf die chirurgische Normalstation (37%) und die Kardiologie (16%) verlegt. Die Anzahl von ITS-Aufnahmen und -Verlegungen pro Stunde wurde ausgewertet und stärkere Belastungen des Teams durch Verlegungsprozesse und Engpässe auf Grund überlappender Zu- und Abverlegungszeiten visualisiert. Verlegungsverzögerungen wurden in Stunden zwischen Verlegungsentscheidung (+2h) und tatsächlicher Verlegung quantifiziert (in. ITS 451,5h, id. ITS 387,6h;). Hauptgründe für Verzögerungen waren fehlende Kapazitäten der Normalstation, sowie organisatorische Gründe. Medizinische Gründe trugen kaum zu Verzögerungen bei (in. ITS 3%; id. ITS 18%). Während der Verlegungsverzögerung gab es keine vermeidbaren Komplikationen. Vorzeitige Verlegungen von Verlegungsoptions- oder Triage-Patienten (nur von in. ITS) wurden hauptsächlich durch den benötigten Bettplatz (73%) begründet. Rückverlegungen binnen 48h gab es 4 auf die in. ITS nach leicht verspäteter Verlegung (+ Ø 4,5h) und 3 auf die id. ITS nach zeitgemäßer Verlegung. Mangels freier Betten konnten 4 Patienten nicht aufgenommen werden (in. ITS) und an 10 Tagen war die id. ITS für externe Aufnahmen abgemeldet.

Diskussion: (+ Implikation Vers.): Eine gute Datenlage zur Kapazitätsnutzung der Akutmedizin, sowie Einblicke in Hinderungsgründe des Patientenflusses kann helfen, die Nutzung vorhandener Kapazitäten besser zu steuern und am tatsächlichen Bedarf auszurichten. Eine kontinuierliche und elektronische Erfassung notwendiger Daten wäre hilfreich.

Förderung: Sonstige Förderung; Die Arbeit ist Teil einer externen Promotion (PhD) an der Erasmus Universität Rotterdam. Die Hauptautorin ist währenddessen angestellt bei Philips.