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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Leitlinien und Selektivverträge als Instrumente der Translation: Erfahrungen aus der Therapie von Netzhauterkrankungen

Meeting Abstract

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  • Daniel Pauleikhoff - AMD Netz NRW, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf475

doi: 10.3205/22dkvf475, urn:nbn:de:0183-22dkvf4757

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Pauleikhoff.
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Gliederung

Text

Rascher Wandel und Änderungen sind ein zentrales Kennzeichen der modernen Medizin. Dabei ergeben sich aus den wissenschaftlichen Analysen der Grundlagenwissenschaften neue biologische und medizinische Erkenntnisse, die zu neuen Therapieverfahren führen, die dann durch Studien geprüft den Patienten über Ärzte und Krankenkassen in der Breite zur Verfügung gestellt werden. Für diesen Transfer wurden in den Gesundheitssytemen unterschiedliche Gremien und Umsetzungsverfahren etabliert. In neuen und daher besonders dynamischen Medizinfeldern ist dieses Transfersystem aber oft nicht gut geeignet, den zunächst begrenzten, dann aber rasch zunehmenden Wissensstand mit kurzfristigen Änderungen der Therapieumsetzungen für alle Teilnehmer verbindlich umzusetzen.

Diese grundlegend extrem positive Entwicklung neuer Therapieansätze ergab sich in der Augenheilkunde beim Krankheitsbild der neovaskulären altersabhängigen Makuladegeneration (nAMD) vor 15 Jahren. Bei dieser bis dahin nicht behandelbaren Erkrankung, die in den westlichen Industrienationen die häufigste Erblindungsursache darstellte, konnte durch die Einführung der Anti-VEGF-Therapie (in das Auge eingebrachte Eiweiße gegen den zentralen Wachstumsfaktor VEGF) bei konsequenter und kontinuierlicher Eingabe bei über 90% der Patienten eine Stabilisierung des Sehvermögens erreicht werden. Damit begann die Translation dieser therapeutischen Möglichkeiten in die Behandlungsalltag der Augenärzte, um diese neue Therapie und ihre extrem positiven Möglichkeiten den Patienten zur Verfügung zu stellen. Parallel zu dieser Einführung der neuen Therapie in den Alltag verlief aber auch die wissenschaftliche Lernkurve der Augenärzte, was diese Therapie bewirkt, wie dies praktisch umgesetzt werden kann, welche organisatorischen Hürden sich ergeben und vieles andere mehr. Aus dieser Gesamtstruktur der neuen Anti-VEGF-Therapie der nAMD ergaben sich in den folgenden Jahren immer wieder neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die zu einer Modifizierung der bestehenden Strategien führten. Neue Medikamente mit unterschiedlichen finanziellen Aufwendungen resultierten in modifizierten Umsetzungsmodalitäten mit den Krankenkassen. Edukative Strukturen zur Wissensvermittlung für die behandelnden Augenärzte und auch Kontrollsysteme wurden parallel entwickelt. Um diese sich rasch ändernde Behandlungslandschaft immer wieder neu zu strukturieren, wurde von den wissenschaftlichen Gesellschaften (Retinologische Gesellschaft und DOG) sowie dem Berufsverband der Augenärzte das Instrument konsentierter wissenschaftlicher Stellungnahmen und Leitlinien implementiert, auf deren Grundlage mit den Krankenkassen (teilweise unter Einbindung der KV) Strukturverträge zur Umsetzung und Abrechnung dieses neuen Therapieverfahrens vereinbart wurden. Beide Instrumente konnten und können dem sich verändernden wissenschaftlichen Erkenntnissstand immer rasch angepaßt werde und so den Patienten eine optimale Therapie ermöglichen.