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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Gesundheitskompetenz-orientierte Beratung zu frühkindlicher Allergieprävention: Ergebnisse einer qualitativen Studie mit Hebammen

Meeting Abstract

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  • Julia von Sommoggy - Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Universität Regensburg, Medizinische Soziologie, Regensburg, Deutschland
  • Eva-Maria Grepmeier - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
  • Janina Curbach - Fakultät Betriebswirtschaft, Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg, Regensburg, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf465

doi: 10.3205/22dkvf465, urn:nbn:de:0183-22dkvf4650

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 von Sommoggy et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die Forschung zeigt, dass Gesundheitskompetenz (GK), also die Fähigkeit Informationen zu beziehen, verstehen, bewerten und anzuwenden, einen Einfluss auf das Gesundheitsverhalten und -outcomes hat. In Bezug auf die steigende Prävalenz von Allergien erscheint eine GK-orientierte Beratung in den ersten Lebensjahren wichtig, um Allergien vorbeugen zu können. Die Rolle von Hebammen kann hier zentral sein, da sie in vielen Fällen wichtige Ansprechpartnerinnen für werdende und junge Familien sind.

Fragestellung und Zielsetzung: Im Rahmen der DFG-geförderten Forschungsgruppe Helicap (FOR 2959) wurde in dieser Studie untersucht, wie Hebammen in ihrer Beratung zum Thema frühkindliche Allergieprävention (FKAP) wissenschaftliche Evidenz vermitteln, wie sie die GK von Eltern während der Beratung berücksichtigen, und inwiefern sie GK-bezogene Informationsstrategien anwenden.

Methode: Zwischen Mai 2020 und März 2021 wurden 24 Interviews mit Hebammen geführt. Diese wurden aufgezeichnet, verbatim transkribiert, mit Atlas.ti codiert und inhaltsanalytisch nach Kuckartz (2012) ausgewertet.

Ergebnisse: Die befragten Hebammen sehen sich als wichtige Beraterinnen von Eltern, deren Aufgabe es ist, wissenschaftliche Evidenz zu vermitteln. Aktuelle Empfehlungen hinsichtlich der FKAP sind meist bekannt, werden aber kaum als eigenständiges Thema behandelt. Sie werden vielmehr implizit bei der Beratung zu Ernährung (Stillen und Einführung von Beikost), Hygiene und der Vermeidung von Rauchen aufgegriffen und bei Bedarf vertieft. Das Konzept der GK als solches ist den meisten der befragten Hebammen unbekannt. Daher wird die GK von Eltern auch nicht systematisch erfasst, sondern häufig über den engen persönlichen Kontakt, Ausbildung und Beruf der Eltern und die wahrgenommene Wohnumgebung intuitiv bestimmt.

Die Anpassung der Beratung erfolgt vor allem im Gespräch, z.B. Vermeidung von Fachbegriffen und Verwendung einfacher Sprache. Das Verständnis und die Umsetzung der Empfehlungen werden über den häufigen Kontakt zu den Familien durch die Hebammen geprüft. Hebammen bewerten potenziell nützliche Konzepte wie teach-back (Wiedergeben von Informationen in eigenen Worten) eher kritisch, da diese aus ihrer Sicht eine Prüfungssituation darstellen könnten und Eltern möglicherweise verunsichern. Auch schriftliche Informationen werden von vielen Hebammen nur zögerlich weitergegeben.

Diskussion: Die Beratung durch Hebammen ist essenziell, da sie Eltern in einer vulnerablen Zeit des Übergangs begleiten und unterstützen. Die Kenntnis und damit auch die Einbeziehung elterlicher GK erscheinen wünschenswert, damit Eltern Gesundheitsinformationen finden, verstehen, beurteilen und anwenden, und damit den Grundstein für die Vermeidung von Allergien bei Kindern legen können.

Praktische Implikationen: Das Bewusstsein für die Bedeutung von GK und das Wissen um effektive, GK-orientierte Kommunikation im Bereich der Beratung zur frühkindlichen Allergieprävention sollte bei Hebammen gestärkt werden.

Appell für die Praxis: Zur Stärkung der GK-orientierten Versorgung durch Hebammen wäre eine systematische Integration des GK Konzeptes in Aus- und Fortbildungen wichtig.

Förderung: Sonstige Förderung; FOR 2959